Indexfonds: Leihgeschäft wird transparenter

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Um ihre Erträge aufzufetten, verleihen viele Fondsgesellschaften ihre Wertpapiere. Geht es nach der Finanzaufsicht, sollen die Anleger künftig mehr davon haben.

Wien. Indexfonds sind eine der wenigen Erfolgsgeschichten der jüngeren Zeit, auf die die Finanzwelt zurückblicken kann. Anders als herkömmliche Investmentfonds verzichten sie auf einen Portfoliomanager und konzentrieren sich darauf, etablierte oder eigene Indizes stur nachzubilden. So fallen bei ihnen deutlich geringere Kosten an. Laut den Fondsanalysten von Morningstar liegt die durchschnittliche Kostenquote für europäische Indexfonds bei 0,38Prozent im Jahr. Bei klassischen Investmentfonds sind es 1,75Prozent.

Trotz aller Krisen wuchs das mit ihnen verwaltete Vermögen kontinuierlich. Die starke Nachfrage hatte jedoch zur Folge, dass die Anbieter immer speziellere Produkte auf den Markt brachten – bis zu dem Punkt, an dem das Angebot für Kleinanleger kaum noch zu überblicken ist. Die europäische Finanzaufsicht Esma sah sich nun dazu veranlasst, ein neues Regelwerk für „Exchange Traded Funds“ (ETFs) aufzulegen. Das sind die wichtigsten Punkte:
•Anleger sollen künftig alle Einnahmen aus der sogenannten „Wertpapierleihe“ erhalten. Um ihre Einnahmen zu erhöhen, verleihen die meisten Fondsgesellschaften Aktien oder Anleihen aus ihrem Depot gegen Gebühr zeitweise an andere Marktteilnehmer (etwa für Leerverkäufe). Bisher wurden bei vielen Anbietern nur Teile der Erträge an die Investoren weitergereicht. Diese tragen jedoch 100Prozent des Risikos. Geht es nach der Esma, sollen sie künftig auch dafür bezahlt werden.

Zudem müssen die Anbieter künftig halbjährlich über ihre Leihgeschäfte Bericht erstatten. Damit reagiert die Behörde auf Kritik, das Weiterreichen von Wertpapieren kreiere große Risken, etwa wenn der Geschäftspartner währenddessen pleitegeht. Beobachter hatten daher noch strengere Regeln erwartet, denn auch eine Obergrenze wurde nicht eingezogen. So können Anbieter auch weiterhin theoretisch ihren kompletten Bestand verleihen.
•Vergleichsweise hart ist die Aufsicht beim Thema Indizes geblieben. Anleger sollten künftig genau nachvollziehen können, wie ein Index berechnet wird. So sollen sie Risken besser einschätzen können. Die nötigen Informationen müssen von den Fondsgesellschaften bereitgestellt werden. Zudem müssen die aktuellen Bestandteile der Indizes jederzeit abrufbar sein. Vor allem Anbieter, die mit komplizierteren Indizes arbeiten, weichen momentan davon ab.
•Um sich besser erkennbar zu machen, sollen alle Indexfonds die Abkürzung ETF im Namen tragen. Das ist heute schon fast überall der Fall. Einige Beobachter hatten sich auch hier strengere Schritte erwartet, etwa eine Kennzeichnung von sogenannten Swap-ETFs im Namen. Dies wäre laut Esma schwer umsetzbar gewesen. Anbieter dieser Fonds hatten sich aber auch stark gegen eine Kennzeichnungspflicht gewehrt.

Swap-ETFs, auch „synthetische ETFs“ genannt, bilden einen Index nicht nach, indem sie die in ihm enthaltenen Aktien bzw. Anleihen eins zu eins nachkaufen. Vielmehr replizieren sie einen Index mithilfe von Termingeschäften, die sie mit einer Bank abschließen. An diesen Produkten kam in der Vergangenheit Kritik auf, weil Anleger nur schwer nachvollziehen können, was sie wirklich enthalten.

Wie viel die neuen Regeln den Anlegern tatsächlich bringen, ist zu diesem Zeitpunkt schwer abzuschätzen. So wurde die Wertpapierleihe bis dato auch dazu betrieben, um die Kosten der Fonds niedrig zu halten. Müssen die Fonds die Erträge komplett an die Kunden weiterleiten, könnten sich die Kosten erhöhen – auch, weil diese Praxis vielleicht komplett eingestellt wird.

Bei den Richtlinien der Esma handelt es sich außerdem um keine bindenden Gesetze, sondern um Vorschläge. Die Umsetzung liegt bei den nationalen Aufsichtsbehörden, also etwa bei der heimischen Finanzmarktaufsicht (FMA). Da aber nur wenige ETFs in Österreich aufgelegt werden, ist es wichtiger, was ausländische Behörden tun. Viele Fonds werden etwa in Irland oder in Luxemburg aufgelegt.

Bei iShares, einem der größten Anbieter von börsengehandelten Indexfonds, begrüßt man die Vorschläge der Esma. „Sie sind ein wichtiger Schritt in Richtung zu mehr Transparenz und besserem Verständnis für Anleger“, heißt es auf Anfrage. iShares gehört zu einer Reihe von Anbietern, die sich bei der Aktienanleihe selbst beschränkt haben. So dürfen bei der Blackrock-Tochter aus europäischen Fonds nur noch 50Prozent des Bestands verliehen werden. Swiss & Global oder Pimco verzichten bei einigen ihrer Fonds gänzlich auf die Wertpapierleihe.

Was Sie beachten sollten bei... börsengehandelten Indexfonds

Tipp1

Funktionsweise. Die ETF-Welt ist in klassisch replizierende und in synthetische Fonds geteilt. Erstere gelten als sicherer, weil Anleger besser nachvollziehen können, welche Wertpapiere in ihnen enthalten sind. Bei synthetischen ETFs, die die Kursbarometer hauptsächlich über Termingeschäfte nachvollziehen, besteht hingegen ein zusätzliches Gegenparteirisiko.

Tipp2

Wertpapierleihe. Auch bei vielen Fonds, die Indizes genau nachkaufen, können zusätzliche Risken auftauchen. Viele Anbieter verleihen nämlich ihre Aktien an andere Marktteilnehmer. Wenn diese pleitegehen, kann es zu Verlusten für den Fonds kommen. Anleger sollten sich bei den Fondsgesellschaften informieren, ob sie Wertpapierleihe betreiben und wenn ja, in welchem Ausmaß.

Tipp3

Index verstehen. Die Performance eines ETF hängt in allererster Linie vom Index ab, den er abbildet. Diese können sehr unterschiedlich funktionieren, auch wenn sie den gleichen Markt abbilden. Anleger sollten sich also den Index genau ansehen und sich überlegen, wie er sich in verschiedenen Marktszenarien verhalten würden. Künftig soll es dazu mehr Information geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2012)

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