Ein Jahrzehnt ohne Zinsen

Euro-Sparschweine an der EZB
Euro-Sparschweine an der EZBapa/dpa
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Niedrige Zinsen, steigende Inflation – das müssen Anleger noch lange ertragen. Auch die Geldpolitik in Japan verdeutlicht das. Diese Entwicklung bringt aber nicht nur Verlierer hervor.

[Wien/ker] So einfach kann es scheinbar gehen. Japans neuer Ministerpräsident will das Wirtschaftswachstum anfeuern und daher den Wert des japanischen Yen drücken. Da sind alle Mittel recht. Da wird nicht nur die Geldpolitik gelockert, sondern auch noch die Unabhängigkeit der Notenbank aufgegeben. Damit ist eines garantiert: Die japanischen Zinsen werden langfristig extrem tief bleiben. Der Yen verliert für viele Investoren an Attraktivität und könnte im Vergleich zu anderen Währungen an Wert einbüßen.

Japans Zinsen schon länger auf Tiefstand

Auf den ersten Blick erscheint das auf heimische Sparer, Anleger und Kreditnehmer kaum Auswirkungen zu haben. Schließlich liegt Japan am anderen Ende der Welt. Tatsache ist jedoch, dass Japans Geldpolitik eine Vorreiterrolle übernommen hat. Auch für Europa. Immerhin war es die Bank of Japan, die damit angefangen hat, Staatsanleihen aufzukaufen. Das hat ihr die - unabhängige - Europäische Zentralbank (EZB) im großen Stil nachgemacht. Bei den Zinsen war Japan ebenso ein Wegbereiter. Bereits in den neunziger Jahren gingen Japans Zinsen stark in Richtung null. Mittlerweile gibt es auch für sichere europäische (und österreichische) Staatsanleihen keine realen Renditen mehr.

Jetzt spricht sogar Japans designierter Regierungschef Shinzo Abe unverhohlen davon, die japanische Notenbank zu entmachten und der Finanzpolitik unterzuordnen. Ähnliche Stimmen hört man immer mehr auch aus der Eurozone. Ein Paradigmenwechsel in der Geldpolitik kündigt sich da an, wobei die Verlierer schon feststehen: die Sparer. „Wir werden in den nächsten Jahren niedrige Zinsen erleben, bei womöglich steigender Inflation", sagt Josef Zechner, Finanzwirtschaftler und Mitglied der Wissenschaftlichen Leitung von Spängler IQAM Invest, zur „Presse".

Ausweichen auf Aktien

Mit anderen Worten: Konservativen Anlegern wird es mit (fast) risikolosen Anlagen nicht möglich sein, die Kaufkraft ihres Geldes annähernd zu erhalten. Das gilt für Sparbücher und Bausparverträge. Wohl noch mehr für Lebensversicherungen, da die Kosten hier relativ hoch sind. Bei heimischen Staatsanleihen sind die Verluste ohnehin vorprogrammiert. Wer heute eine österreichische Staatsanleihe (ISIN: AT0000A0N9A0) mit einer Restlaufzeit von fast zehn Jahren kauft und diese dann bis April 2022 hält, macht einen realen Verlust von über 15 Prozent. Kosten, Steuer und eine (sehr bescheidene) Inflation von jährlich zwei Prozent sind dabei berücksichtigt.

Es gibt aber nicht nur Verlierer bei dieser Geldpolitik. Wenn sich Anleger nicht mit negativen Zinsen „ausnehmen" lassen wollen, gehen sie tendenziell mehr Risiko ein, etwa an den Aktienmärkten. Das war an der japanischen Börse in den vergangenen Tagen auch deutlich zu sehen. Der Nikkei-Index stieg zuletzt stark an und ist bereits über die 10.000-Punkte-Marke geklettert. Noch rasanter ging es in den vergangenen Wochen mit dem Wiener ATX-Index bergauf. Der notiert heute schon so hoch wie seit Sommer 2011 nicht mehr.

Und eine Gruppe von Menschen wird sich besonders freuen: die noch verbliebenen Yen-Kreditnehmer. Die angekündigte Yen-Demontage ließ den Wert des Euro zum japanischen Yen zuletzt deutlich anschwellen. Etwa von 107 auf fast 112 Yen je Euro binnen weniger Tage. Damit hat die Kreditschuld eines Yen-Kredits, der Anfang 2000 im Gegenwert von 100.000 Euro aufgenommen wurde, zuletzt um 3000 Euro abgenommen. Kein schlechtes Geschäft.

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