Klaus Eckel: "Bausparverträge sind so furchtbar spießig"

(c) Voithofer Valerie
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Kabarettist Klaus Eckel erzählt von schlechten Betragensnoten, unfähigen Unternehmensnachfolgern und Schnitzelsemmeln auf dem Sessellift und erklärt, warum Kabarettist ein sicherer Job als Banker ist.

Die Presse: Sie sind einer der wenigen Kabarettisten, der nicht Schauspieler werden wollte, sondern einen ganz anderen Beruf hatte: Logistiker. Wie sind Sie daraufgekommen, dass Sie auch Talent für die Bühne haben?

Klaus Eckel: Daraufgekommen bin ich, als ich bei Kleinkunstwettbewerben mitgemacht und einige gewonnen habe. Aber dass ich großes Talent auf der Bühne hätte– nein. Wie alle Kabarettisten hatte ich schlechte Betragensnoten in der Schule. Das ist eine Grundvoraussetzung, um in diesem Beruf Fuß zu fassen. Dass man aufmüpfig ist und ein bisschen ein Querdenker.

Sie wollten es ursprünglich nebenberuflich machen?

Bis jetzt sehe ich das innerlich noch immer als Nebenberuf. Ich denke mir, ich kann auch etwas anderes. Das Klischee ist, dass der Künstlerberuf so etwas Unsolides ist. Aber tatsächlich sind Berufe wie Banker oder Unternehmensberater weit unsicherer als Kabarettist. Ich bin jetzt seit zwölf Jahren Kabarettist. In der Zeit haben viele, die Unternehmensberater waren, mehrmals die Firma gewechselt.

Halten Sie sich eine zweite Option offen?

Nicht wirklich. Ich glaube nicht, dass ich noch einmal einen Beruf ergreife, der mit Kreativität wenig zu tun hat.

Haben Sie als Logistiker mehr verdient als als Kabarettist?

Viel mehr als am Anfang als Kabarettist. Mit Dienstauto und allem Möglichen. Unmittelbar nachdem ich aufgehört habe, habe ich ein Fünftel verdient. Das war erschreckend wenig, zumindest kurzfristig.

Haben Sie also nicht gleich davon leben können?

Nein, am Anfang kommen ja ganz wenige Zuschauer. Viele Verwandte, viele Freikarten. Wenn man das macht, sollte Geld nicht der Triebfaktor sein. Aber Geld kompensiert auch einiges. Wenn man gut verdient, kauft man Dinge, damit man eine gewisse Unbefriedigtheit stillt. Ich habe mir auch dauernd technischen Dinge wie Fernseher oder Stereoanlagen gekauft, weil ich gemerkt habe, ich muss eine gewisse Leere damit füllen. Wenn man ausgeglichen ist, braucht man weniger.

Worauf mussten Sie dann verzichten?

Auf nichts, ich hatte einfach kein Bedürfnis mehr nach dem neuesten Handy oder dem neuesten Computer. Ich habe mit dem alten Computer fünf Jahre lang weiter Texte geschrieben. Das Word ließ sich öffnen, und das Schönste war das Schreiben. Damit bedarf es keines neuen Computers.

Ihre Protagonisten sind oft Leute, die nicht richtig gescheitert sind, aber auch in der Karriere nicht weiterkommen. Etwa der Sicherheitsberater in „Not sucht Ausgang“. Was ist an ihnen so faszinierend?

Ich bin in Döbling aufgewachsen und war von Typen umgeben, die vom Vater viel Geld geerbt haben, aber selbst total unfähig sind. Und die gleichzeitig nicht erkennen, dass sie unfähig sind. Ich habe leider keinen reichen Vater gehabt, habe diese Leute immer beneidet, aber gleichzeitig habe ich gesehen, dass das humoristisches Potenzial hat: Leute, die nicht einschätzen können, dass sie das nicht können, was der Vater gekonnt hat. Ich habe erst kürzlich mit einem geredet, der schon fünf Jahre nachdem er die Firma vom Vater übernommen hat, die Hälfte des Vermögens angebracht hat. Das ist für einen Kabarettisten eine tolle Geschichte.

Zählen Sie da auf die Schadenfreude des Publikums?

Natürlich. Die Leute mögen keine Leute, die im Glückslotto den Sechser gezogen haben, während man selbst von den Eltern 1000 Euro für die erste Wohnung bekommt und dann nie wieder etwas.

Leute mit echten Geldsorgen bieten weniger Stoff für Kabaretts?

Wenn ich nicht wüsste, wie ich die Miete zahle, fiele mir nicht viel Lustiges dazu ein. Da müsste man schon Südländer sein, das schafft ein Österreicher nicht.

Sie haben kürzlich eine Griechenland-Satire gemacht. Wie sehen Sie die Causa?

Ich habe viel darüber gelesen und glaube, die Schuld liegt auf beiden Seiten. Es gibt keinen europäischen Zusammenhalt. Ich habe eine spanische Frau und sehe, dass die Spanier überhaupt keine Verwurzelung in Europa haben. Umgekehrt ist die ganze Geldpolitik pervers. Da werden Milliarden ausgeschüttet, und jeder Bürger spürt bei allem Wissen oder aller Unwissenheit, lang geht sich das nicht mehr aus. Da die Unsicherheit so groß ist, versuchen die Griechen, nicht aus dem Euro rauszufliegen, und die EU traut sich nicht, die Griechen rauszuwerfen, weil keiner weiß, was passiert. Jeder wurschtelt lieber noch ein Jahr lang weiter, als den großen Crash zu riskieren. Ich bin mir sicher, dass wir noch einmal eine ganz große Währungsumstellung erleben werden.

Fürchten Sie sich davor?

Ich fürchte mich davor, dass liebe Menschen sterben. Ich fürchte mich nicht vor Gelddingen. Es kommt, wie es kommt. Manchmal haben Geldsorgen etwas Schönes an sich. Dann rücken die Menschen näher zusammen. In Spanien halten die Familien extrem zusammen, seit die Krise ausgebrochen ist.

Sie karikieren oft Leute, die Bausparverträge haben.

Ja, das ist eine neue Spießigkeit. Ich habe keinen. Schon das Wort ist elendig. Da sind drei Sachen drin, die ich nicht mag: „Bauen“ mag ich persönlich überhaupt nicht, „Sparen“ hat auch nichts Reizvolles, dann ist da auch noch „Vertrag“.

Über fünf Millionen Österreicher haben einen Bausparvertrag.

Ich weiß, ich habe das auf der Bühne oft gemerkt. Aber ich kann mit diesem langfristigen Denken wenig anfangen. Das ist so furchtbar spießig, sich zu überlegen, was in 20Jahren sein wird. In 20 Jahren ist sicher etwas, aber etwas anderes, als wir vermuten. Mit einem Bausparvertrag werden wir das nicht in den Griff kriegen.

Sie legen nichts auf die Seite?

Ich habe ein Haus gekauft, das ich mit Schulden zahle. Da ist einmal meine Pension drin, hoffe ich. Wenn das ganze Geldsystem weg ist, dann habe ich wenigstens ein Dach über dem Kopf.

Hätten Börsenspekulanten nicht mehr humoristisches Potenzial als Bausparer?

Das ganze Geldsystem hat etwas Lustiges an sich. Die Banken in der Schweiz verlangen Negativzinsen. Das zeigt, wie schlimm es um unser Geld steht. Eigentlich müsste ich ja Geld bekommen, wenn ich einen Kredit habe. Das ist absurd und hat humoristisches Potenzial. Auch, wie sich die Leute damit beschäftigen, dass sie ja möglichst wenig verlieren. Beim Autokauf geht es gar nicht mehr darum, ob einem das Auto gefällt, sondern welchen Wiederverkaufswert es hat. Das Erste, was der Verkäufer sagt, ist: „Nimm einen VW, der hat einen hohen Wiederverkaufswert.“ Zuerst sitze ich aber fünf Jahre in dem Auto.

Ist das in Österreich besonders ausgeprägt?

Im Vergleich zu Südländern fällt es uns sehr schwer, Geld auszugeben. Ich komme auch aus einer sparsamen Familie und musste mich zur Großzügigkeit erziehen. Also, dass man Leute einlädt und ab und zu auch bewusst Geld rausschmeißt und das genießt. Ich kann mich erinnern: Wir sind nie auf eine Skihütte gegangen, sondern haben die kalten Schnitzelsemmeln auf dem Sessellift gegessen. Das macht ja dann nie Spaß. Wenn man sich etwas nicht leisten kann, soll man es sich auch nicht halb leisten.

Woher kommt diese Sparmentalität in Österreich?

Es geht um Sicherheit: Es wird viel Angst gemacht, dass es bald keine Jobs mehr gibt und das Geld nichts mehr wert ist. Geld auf der Seite zu haben bietet Sicherheit. Es kommen schlechte Zeiten, das spürt jeder. [ Voithofer ]

ZUR PERSON

Klaus Eckel (*1974) war ursprünglich als Logistiker tätig. 2001 begann er, kabarettistische Texte zu verfassen und vor Publikum zu spielen. Er gewann mehrere Preise im In- und Ausland, darunter den Salzburger Stier, den Österreichischen Kabarettpreis und den Deutschen Kleinkunstpreis. Im Fernsehen war er kürzlich in der Sendung „Eckel mit Kanten“ zu sehen. Sein Programm „Weltwundern“ läuft derzeit in zahlreichen Spielstätten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2015)

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