Austrofred: "Ich bin für die erste Reihe geboren"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Austrofred wurde mit Austropop-Covern von Hits seines Vorbilds, Freddy Mercury, berühmt. Mit der "Presse" sprach er über den Luxus des Taxifahrens und darüber, warum der Tauschhandel aus der Mode kam.

Die Presse: Sie wollten das Interview nicht als Franz Wenzl geben, sondern als Austrofred, als – ich zitiere – einziger österreichischer Rockstar von internationalem Format. Wie wird man zu so einem?

Austrofred: Ein bisschen Talent, Fleiß und eine gewisse Schläue. Die habe ich als Oberösterreicher. Wie bei allen großen Sachen war auch Zufall dabei. Man probiert etwas, das funktioniert nicht, und irgendein Seitenweg funktioniert.

Welche Umwege sind Sie gegangen?

Das Erste, was ich probiert habe, war Keyboardspielen in einer Band. Aber ich bin kein guter Keyboarder: Ich bin für die erste Reihe geboren.

In Ihrem Buch „Pferdeleberkäse“ erzählen Sie von einer Hochzeit, bei der die Braut schimpft, weil sie lieber einen Auftritt von Barbara Streisand als von Ihnen gehabt hätte. Erleben Sie solche Misserfolge tatsächlich?

Misserfolge gehören dazu, dadurch lernt man. Mittlerweile tue ich mir leicht, denn in den meisten Locations, wo ich spiele, werde ich von einem Veranstalter gut gebucht, und es gibt ein Publikum, das Eintritt zahlt. In der Anfangszeit war ich schon öfter fragwürdig gebucht, da war ich auf so einem Après-Ski, und den Leuten hat es nicht gefallen. Da fliegen schon einmal Sachen auf die Bühne. Jedes zehnte Konzert haut aus irgendeinem Grund nicht hin, sei es, weil ich einen schlechten Tag habe, sei es, weil gleichzeitig ein Champions-League-Spiel stattfindet und das Publikum ausbleibt. Aber hie und da ein Konzert für den Opfergott gibt es halt.

Sie haben vor Kurzem in einem Interview gesagt, dass Sie nicht viel Gschisti-gschasti brauchen. Wofür geben Sie gern Geld aus?

Taxifahrten zum Beispiel. Das ist für mich ein Luxus, dass ich nicht im Stadtverkehr mit dem Auto eine Dreiviertelstunde zum Rabenhof brauche oder öffentlich fahre und umsteigen muss.

Ist Zeit Luxus für Sie?

Zeit ist auf jeden Fall ein Luxus, den man nicht unterschätzen sollte. Ich habe kürzlich von einem Glücksforscher gelesen, der gesagt hat, es ist eine Chimäre, wenn die Leute ein Haus am Stadtrand kaufen und glauben, sie sind jetzt glücklicher. Denn die Freude über das Haus ist nach einem Vierteljahr abgenützt. Und das Unglück, dass man im Stau steht, das bleibt. Da ist etwas dran.

Haben Sie keine Immobilien und sonstigen Vermögenswerte?

Ich habe einen Wohnungsanteil in München. Aber ich gebe sonst nicht viel aus. Ich bin ja in einem Bereich tätig, in dem die Gagen nicht in den Himmel wachsen.

Gibt es etwas, das Sie sich gern leisten würden, aber nicht können?

Einen Butler. Und natürlich die Immobilie dazu.

Aber den Stress, dass Sie da dauernd hinfahren müssen, wollen Sie ja nicht . . .

Das macht eben alles der Butler.

Wäre das überhaupt noch der Austrofred, wenn er so extrem reich wäre?

Wahrscheinlich nicht. Ich habe kürzlich irgendwo ein Interview mit Woody Allen gelesen, dass das ein Problem für viele Komiker ist: Meistens kommen Sie aus einer armen Schicht und wissen die Sprache der Leute zu sprechen. Dann werden Sie bekannt und sitzen mit lauter Stars beisammen. Wovon reden sie dann?

Ihr Vorbild Freddie Mercury war nicht gerade arm, da haben Sie noch Potenzial nach oben.

Das stimmt. Und ich habe vor allem noch Potenzial nach hinten. Freddie Mercury ist nur 43 geworden, ich bin jetzt 45. Ich kann ihn jetzt nicht mehr nur nachahmen, sondern muss antizipieren, wie er alt geworden wäre.

In Ihrem Buch beklagen Sie, wie wenig man für einen Text bezahlt bekommt. Führen Sie Ihre Texte deswegen einer Zweitverwertung in diesem Buch zu?

Ja, ich schmeiße nichts weg. Irgendwo passt es wieder. Wenn ich einen Text für eine kleine Zeitschrift geschrieben habe, die 200 Leute lesen, warum soll das nicht noch einmal veröffentlicht werden, wenn es ein guter Text war?

Wollen Sie als Austrofred in Pension gehen?

Davon gehe ich aus. Grundsätzlich habe ich es so angelegt, dass ich das, wenn es mich nicht mehr freut, in einem halben Jahr abwickeln kann. Dann spiele ich noch meine letzten Engagements, mache noch ein schönes Schlussfeuerwerk, und aus ist es.

Braucht man als Austrofred eine Lebensversicherung oder Altersvorsorge?

Ja, so wie jeder, der freiberuflich ist. Das ist ein normaler prekärer Beruf.

Weil Sie prekär sagen: Ist es heutzutage für Künstler schwerer als früher, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten?

Leicht war es nie. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre auf dem Land in den Fünfzigerjahren aufgewachsen, dann wäre es nicht dazu gekommen, dass ich das werde, was ich bin. Dann hätte ich die Möglichkeit gehabt, eine Lehre zu machen, den Hof zu übernehmen oder Pfarrer zu werden. Wahrscheinlich wäre ich Pfarrer geworden.

Wie hoch steht auf Ihrer Bedürfnispyramide finanzieller Rückhalt?

Einen Polster brauche ich auf jeden Fall. Aber ich brauche keinen Lebenspolster, sondern nur einen Polster für das nächste halbe Jahr. Irgendetwas findet man dann immer. Mache ich halt Fernsehmusik. Vielleicht würde ich auch etwas Experimentelles machen, zum Beispiel bei McDonald's arbeiten.

Was würde Sie daran reizen?

Dass ich die Lebenswelt von Menschen kennenlerne.

Und dann könnten Sie darüber schreiben.

Vielleicht. Oder einfach nur froh sein, dass ich nicht mehr dort arbeiten muss.

Ist der Namensteil Austro nicht hinderlich, wenn man internationale Karriere machen will?

Das kann es vielleicht sein, ich finde es aber auch gut, wenn man sieht, wo etwas herkommt. Nicht aus Patriotismus, sondern weil alles eine interessante Färbung hat. Wenn es bei jeder Art von Kunst wurscht wäre, ob sie in London, Tokio oder Wien entsteht, wäre es ja irgendwie fad.

Andererseits verstehen Leute in anderen Ländern vielleicht Ihren Schmäh nicht.

Ja, aber man muss eh nicht überall spielen. Nach Amerika mit dem Taxi – das würde teuer.

Was würde dem Land fehlen, wenn es keinen Austrofred gäbe?

Die moralische Richtung. Ein Popkultur-Weiser geht dann ab.

Welche Weisheiten zum Thema Geldpolitik haben Sie für uns?

Da kenne ich mich viel zu wenig aus, um etwas zu sagen.

Aber der Austrofred sagt doch zu allem etwas.

Auch wieder wahr. Worüber ich mir oft Gedanken mache, ist, dass Geld nicht das einzige Wertesystem ist. Es ist aber grundsätzlich eine geniale Idee. Hätten wir noch einen Tauschhandel, dann wäre das schwierig: Ich habe eine Show herzugeben, und von einem Zuschauer kriege ich zehn Stück Butter und von dem anderen einen erschossenen Hasen.

Ihr Alter Ego, Franz Wenzl, spielt in der Band Kreisky. Braucht er den Austrofred, um querfinanziert zu werden, oder würde er das allein auch schaffen?

Der würde das allein auch schaffen, der hat ja viel mehr Zeit.

ZUR PERSON

Austrofred ist eine Kunstfigur von Franz Adrian Wenzl (*1976 in Steyr). Benannt nach Queen-Sänger Freddie Mercury, singt er Austropop-Texte zu Queen-Melodien, tritt als Kabarettist auf, schreibt Bücher (das jüngste heißt „Pferdeleberkäse“) und moderiert. Er hat eine eigene Biografie, die von jener Wenzls teilweise abweicht – so wurde der Austrofred bereits 1970 geboren. Wenzl ist auch Leadsänger der Indie-Rock-Band Kreisky und Schriftsteller.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2015)

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