Glaubensfrage

Neu im alten Stil

Ein neuer Bischof für St. Pölten, ganz im alten Stil: Wenn Rom spricht, stellen sich manchmal mehr Fragen, als Antworten gegeben werden.

Alois Schwarz also. Mehrmals wurde der 65-Jährige von der „Presse“ als jener mit den größten Chancen genannt, in Niederösterreichs Landeshauptstadt Bischof Klaus Küng zu folgen. Wie der Vatikan vor wenigen Tagen hat verlauten lassen, schickt Papst Franziskus den gebürtigen Niederösterreicher aus Klagenfurt in seine Heimat. Alois Schwarz übersiedelt in die, was die Zahl der Katholiken betrifft, zwar um ein Drittel größere, was aber bischöfliche Latifundien und Jagdgründe (für Schwarz nicht unwichtig) betrifft, deutlich ärmere Diözese St. Pölten.

Ein kircheninterner Aufstieg für Bischof Schwarz? Ein karrieremäßiger Abstieg? Ein Versuch, die, vorsichtig formuliert, nicht einfache innerkirchliche Situation in Kärnten diskret zu beruhigen? Eine subtile Form der Bestrafung gar für Alois Schwarz? Oder wird er, ganz im Gegenteil, damit als Erbe Kardinal Christoph Schönborns in Stellung gebracht? Das sind nur einige Fragen, die sich im Zusammenhang mit dieser Personalentscheidung stellen. Man sieht: Rom spricht, und es stellen sich mehr Fragen, als Antworten gegeben werden.

Auch andere Fragen: Warum hat dieser unspektakuläre, fantasielose Wechsel so lang auf sich warten lassen? Weshalb steht der Zeitpunkt des Amtsantritts an der Traisen trotz des quälend langen Vorlaufs nicht fest? Wieso mutet der Vatikan sich und vor allem den Katholiken vor Ort auch diesmal eine Loch-auf-Loch-zu-Strategie zu? Wie lang wird der Bischofssessel in Gurk-Klagenfurt vakant bleiben? Wird die Entscheidung eineinhalb Jahre wie in Innsbruck oder zwei wie in St. Pölten oder länger dauern? Versteht Rom das Ausdehnen der Zeiten der Sedisvakanz als pädagogische Intervention, dass eine Diözese, die Kirche auch ohne Bischof zurechtkommen muss? Oder soll auf diese Weise Solidarität mit jenen Zigtausenden Katholiken bewiesen werden, die, wie in großen Teilen Südamerikas, monatelang nicht einmal einen Priester zu Gesicht bekommen, geschweige denn einen Bischof? Wird ein neuer Nuntius die Causa vorzubereiten haben, der für die Einarbeitung in Österreich einige Zeit benötigt, wie sich das wegen des Erreichens der Pensionsgrenze für den amtierenden Papst-Botschafter Peter Stephan Zurbriggen im August abzeichnet?

Fragen über Fragen. Bei Bischofsberufungen blitzt meist die Handschrift des Papstes auf. Das Procedere selbst ist aber undurchschaubar und offen für Interventionen, Indiskretionen und Intrigen wie seit Äonen. Und Schwarz selbst trifft höchstens halb das Bischofsprofil, wie es Franziskus zeichnet und lebt. Der Neue gilt als vorsichtig reformfreudig. Mit Betonung auf vorsichtig. Manche sagen ängstlich. In Kärnten hat Schwarz etliche Mitarbeiter verloren/verabschiedet und mit Entscheidungen an Gremien vorbei für Enttäuschungen gesorgt. Zehn Jahre bleiben Alois Schwarz bis zu seiner Emeritierung. Vielleicht gelingt ihm ja ein Neuanfang.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2018)

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