McJesus

In Israel muss ein Kunstwerk aus dem Museum – der Fast-Food-Clown Ronald als Gekreuzigter. Was McDonalds provozieren sollte, verärgert die Christen. Zu Recht?

Das städtische Kunstmuseum in Haifa erklärte am Donnerstag, es werde die Darstellung eines gekreuzigten Ronald McDonald (des Clown-Maskottchens der Fast-Food-Kette) aus der Ausstellung „Heilige Güter“ entfernen. Dieser Entscheidung waren wütende Proteste christlicher Bewohner Israels vorausgegangen.

Schon 2008 hat – zehn Jahre nach dem Tod des Künstlers – das Selbstporträt Martin Kippenbergers als gekreuzigter Frosch wütende Proteste in Bozen entfacht. Drei Jahre später provozierte eine Fotografie von Andres Serrano in Frankreich: ein Kruzifix in einem mit dem Urin des Künstlers gefüllten Becher. 2007 sagte eine Galerie in Manhattan nach Protesten eine Ausstellung ab, dessen Zentrum ein lebensgroßer, nackter, gekreuzigter Christus aus Schokolade von Cosimo Cavallaro hätte sein sollen. Nun also auch in Israel.

Sind solche Kunstwerke Attacken auf die Christenheit? Kippenberger ist allen mit dem Stellwagen ins Gesicht gefahren, nicht nur den Frommen. Serrano hat eine unbezwingbare Neigung, alles und jedes mit seinen Körperflüssigkeiten in Berührung zu bringen. Cavallaro macht gern in Lebensmitteln, lieber noch in Käse als in Schokolade. Und der Finne Jani Leinonen, dessen McJesus nun in Haifa abgenommen wird, nimmt mit seinen Werken nicht die Religion ins Visier, sondern die Konsumkonzerne. Den Ronald McDonald hat er schon auf eine Guillotine gelegt und ihn als Pharao, Buddha und Horrorclown präsentiert.

Aber auch nicht jeder, der gegen verfremdete Kruzifixe protestiert, ist bloß ein tumber Fanatiker. Für Christen ist das Kreuz das Zeichen der Erlösung von Schuld und Tod. Es ist die Erinnerung, dass Christus sich für unsere Erlösung hat foltern und töten lassen – und viele nach ihm auch. Es ist wie ein Bild von jemandem, der ein Kind vor dem herannahenden Auto wegstößt und dabei selbst sein Leben gibt. Wären Sie dieses Kind – ließe es Sie völlig kalt, wenn Sie den Eindruck hätten, jemand verhöhnt dieses Bild?

Aber ist es wirklich ein Grund, Brandbomben zu werfen, wenn ein Künstler sich auf seine Weise mit dem Kreuz beschäftigt? Wenn es ihn zumindest als Kulturikone nicht loslässt oder ihn vielleicht sogar bis in die Tiefen seines Seins hinein provoziert? Man kann die Frage stellen, ob es schlau ist, im Hexenkessel Naher Osten eine der dort miteinander ringenden Religionen auf dem Kunstwege vor den Kopf zu stoßen. Aber wäre es für Christen nicht der eigentliche Skandal, wenn die moderne Kunst, die nun einmal irreverent ist, ausgerechnet um das Kreuz einen Bogen machte?

Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/cultureclash

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2019)

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