Ist Jean-Luc Godard ein Narziss und wer will das wissen?


Statt einer Hommage setzte es eine Demontage: Das Biopic „Le Redoutable“ verärgerte in Cannes Cinephile und kommt jetzt ins Kino.

Wer ist Jean-Luc Godard? Kommt drauf an, wen man fragt. Für manche ist er zuvorderst immer noch ein Pionier der Nouvelle Vague. Für andere ein brillanter Zweifler, der das Kino mit jedem Film neu erfindet. Seine Kritiker sehen in ihm einen verschrobenen Intellektuellen, der sich längst im Spiegelkabinett seines Elfenbeinturms zurückgezogen hat. Und einigen ist er schlichtweg egal.


Wenn man eine Kultfigur mit so vielen Gesichtern porträtiert, kann man es nicht jedem recht machen (es sei denn, man bastelt ein Persönlichkeits-Kaleidoskop wie Todd Haynes im Bob-Dylan-Biopic „I'm Not There“). Als der Godard-Spielfilm „Le Redoutable“ (der am 4. Mai unter dem Titel „Godard mon Amour“ auch bei uns startet) letztes Jahr in Cannes Premiere feierte, waren die Erwartungen entsprechend skeptisch bis gespannt. Statt einer Hommage setzte es dann eine Demontage: Im vage humoristischen Tonfall und gespickt mit Anspielungen auf seine frühen Arbeiten wird Godard (verkörpert von Louis Garrel) als passiv-aggressiver Narziss vorgeführt, der sich Ende der Sechziger zusehends in obskuren Radikalismus hineinsteigert und so alle seine Mitmenschen vergrault – nicht zuletzt die junge Schauspielerin Anne Wiazemsky.
Im Anschluss an die Uraufführung hieß es Farbe bekennen. Journalisten aus Übersee freuten sich über ein vergnügliches Späßchen für Insider. Franzosen waren verhaltener. Die avancierte Cinephilie hingegen spuckte Gift und Galle: Nicht so sehr, weil der Film die unguten Seiten des Godard'schen Charakters hervorkehre, die seien ohnehin kein Geheimnis – sondern weil er dessen sperriges Spätwerk implizit als Selbstgespräch eines Solipsisten diskreditiere.

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