Kunstwerte

Storytelling

Storytelling. Auktionshäuser versuchen stets neue Methoden, um dem Markt die Ware schmackhaft zu machen. Dabei kooperieren sie auch immer mehr mit der Museumswelt.

Das Auktionshaus Sotheby's stellte im Vorjahr 60 Arbeiten von Diego Giacometti in der Galerie Charpentier in Paris aus samt umfangreichem museal aufbereiteten Katalog. Es war keine Verkaufsausstellung und auch keine Auktionspreview, sondern es waren von Sammlern geliehene Werke, die nicht zum Verkauf standen. Tatsächlich versteigerte Sotheby's einen Bücherschrank von Diego Giacometti, ungewöhnlich platziert in der Abendauktion für Impressionismus und Moderne, und erzielte mit 5,4 Millionen Dollar einen neuen Rekordpreis für den Designer. Und auch eine Designauktion mit den beiden Brüdern Diego und Alberto Giacometti fand erfolgreich bei Sotheby's statt.

Kuratierwut. Ursprünglich der Welt der Museen vorbehalten, ist seit einigen Jahren auch auf dem Kunstmarkt eine Kuratier-Faszination aufgekommen. Begonnen hat es mit kuratierten Ständen in Spezialsektoren von großen Messen, dann folgten die Auktionshäuser mit eigenen Verkaufsausstellungen, für die sie sich meist renommierte Kuratoren holten. Zwischen Leihgaben hängen Werke, die verkäuflich sind. Das ist eine geschickte Marketingaktion, um die Privatverkäufe anzukurbeln. Vor rund fünf Jahren tauchten dann die ersten kuratierten Auktionen mit teils überkreativen Titeln auf. Der Verkaufsprozess ist heute im großen Stil orchestriert, bei wichtigen Auktionen oder Objekten wird eine regelrechte Roadshow veranstaltet. Als Vermarktungsgenie gilt diesbezüglich Christie's-Experte Loic Gouzer, der beim Leonardo-daVinci-Rekordbild „Salvator mundi“ alle Register gezogen hat. Kurz gesagt: Das Storytelling ist im Kunstmarkt angekommen.

Der neueste Versuch scheint nun das Zusammenstellen von Ausstellungen für Museen zu sein, entkoppelt vom Verkauf – zumindest vordergründig entkoppelt. Doch das Auktionshaus bekommt mit der Präsenz im Museum die angestrebte institutionelle Aufmerksamkeit und ein noch breiteres Publikum. Für die Museen ist der Deal keinesfalls schlecht. Denn sie brauchen zahlungskräftige Unterstützer, um größere Ausstellungen oder Projekte zu realisieren, und auch bei Leihgaben können Auktionshäuser behilflich sein. Denn sie wissen oft besser als Museumskuratoren, in welchen Sammlungen sich wichtige Werke eines Künstlers befinden. Sowohl Sotheby's als auch Christie's haben eigene Abteilungen für Museen und Sammlungen. Sie unterstützen in Finanzierungsfragen, vermitteln Sammler und ermöglichen Kuratoren und Wissenschaftlern den Zugang zu ihren Archiven. So lange am Ende die Qualität zählt, ist es eine Win-Win-Situation. ?

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2018)

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