Kunstwerte

Digitale Welt: Kunsthandel à la Amazon?

Sotheby's kauft sich ein Start-up, das für Kunst Kaufempfehlungen abgeben kann. Ist die Zukunft des Kunstmarktes Verkaufsmarketing wie bei Amazon?

Jeder, der schon einmal bei Amazon eingekauft hat, kennt sie: die auf den Käufer abgestimmten Empfehlungen, mit denen der Kunde bombardiert wird. Denn der Onlinehändler weiß, welche Bücher seine Kunden lesen, welche Musik sie hören, welche Filme sie lieben. Und unablässig geben diese Daten Impulse für neue Geschäfte. Mit der neuen Computergeneration, die über künstliche Intelligenz (KI) verfügt, können diese Daten zu Mustern zusammengefügt werden, um die Wünsche der Kunden früher zu erkennen oder Querverbindungen zu anderen Produkten herzustellen. Beim herkömmlichen Shoppen ist das nachvollziehbar. Aber geht es nach dem Auktionshaus Sotheby's, dann sollen künftig auch Kunstwerke auf diese Art verkauft werden.

Akquisition. Das Auktionshaus hat bekannt gegeben, dass es das Start-up Thread Genius übernommen hat. Thread Genius identifiziert Bilder und schlägt dem Betrachter weitere Objekte basierend auf dessen Vorlieben vor. Die beiden Gründer von Thread Genius waren in die technische Entwicklung des Musikstreamingdienstes Spotify involviert. Sotheby's hat zudem noch den Datenwissenschaftler Richard Viber engagiert, der sich mit Anwendungen im Bereich KI beschäftigt. Zusammen soll ein neuer Geschäftsbereich aufgebaut werden. Das Auktionshaus hat zuletzt verstärkt versucht, mit digitalen Möglichkeiten den Kunstkauf zu unterstützen. So kaufte das Haus vergangenen Oktober die Mei Moses Art Indices, die Preisanalysen ermöglichen.

Doch ob in einem Kunstmarkt, wo Diskretion großgeschrieben wird, mit solchen Daten wirklich viel anzufangen ist, wird sich erst zeigen, denn vieles wird wohl gar nicht bekannt werden. Außerdem handeln Onlineshops mit Ware, die nicht besonders teuer ist oder bei der ein Käufer auch tatsächlich an einem ähnlichen Produkt interessiert sein könnte. Es ist nicht viel dabei, wenn man gern Krimis liest, um neun Euro einen neuen Autor im selben Genre zu probieren. Dass bei einem Kauf eines Werks von beispielsweise Heinz Mack dann die Empfehlung kommt: „Kunden, die Heinz Mack gekauft haben, interessierten sich auch für Günther Uecker“, weil beide der Gruppe Zero angehören, scheint befremdlich. Im Demovideo von Sotheby's wird damit geworben, dass diese Software die passenden Kunstwerke zur Innenausstattung des Hauses vorschlagen kann. Dann sind wir aber bei einer Käuferschaft, die Kunst als reine Deko erachtet und Bilder nach der Farbe des Sofas aussucht. Das kann beim besten Willen nicht der Anspruch eines Hauses wie Sotheby's sein.

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