Schmacht! Ein fescher junger Kerl auf Hasenjagd beim Jägerball

FPÖ-Chef Strache verteidigt sich gegen den Vorwurf des Sexismus mit dem Liedgut seiner Mutter. Das kann ihm bei seinen Kerntruppen nicht schaden.

Der Jägerball ist an sich nichts für zarte Seelen. Man denkt unwillkürlich an Schnaps und rohe Sitten wie das Ausweiden unvorsichtiger Rehe, wenn nicht gar an mächtigen Hörnerschall. Aber was weiß man davon schon als passionierter Verächter von Bällen und anderen Jagdgründen? Der Generalverdacht, dass sich im Morgengrauen schwer angeheiterte Treiber unterm Tisch übergeben, mag deshalb – Vorurteil eines Laien – ungerecht sein. Vielleicht geht es unter Hegern und Pflegern so geziert zu wie bei Konvivien der Schlagenden in der Hofburg.

Der Chef der FPÖ aber hat der Jagd durch vorlautes Benehmen auf „Facebook“ einen Bärendienst erwiesen. Er postete dort laut Tageszeitung „Österreich“ folgende Sentenz: „Viele Jäger und Hasen – auf, auf ihr Hasen, hört ihr nicht die Jäger blasen?“ Jetzt ist er in der Defensive, der Strache: „Frauen-Politikerinnen gehen auf die Barrikaden“ vermutet das züchtige Gratisblatt im „Sexismus-Streit um Strache“. Das ist sittlich fast so überzeugend, wie wenn der „Stern“ eine Kampagne für politisch korrekte Titelbilder initiiert oder die „Krone“ am Karfreitag die übliche Nackerte auf der Auslandseite ausfallen lässt.

Zur FPÖ muss man fairerweise sagen: Es gibt gefährlichere, ungereimte Sprüche von ihr. Das Frauenbild, das Strache im „Österreich“-Interview mit „Hasi ist doch liebevoll!“ verteidigt, kann man aber auch auf „www.hcstrache.at“ illustriert bekommen. Dort sind noch immer die unsäglichen „Sagen aus Wien“ abzurufen, die sich zum Beispiel mit der Belagerung der Stadt durch die Osmanen 1683 beschäftigen und die Flucht der feindlichen Türken feiern. Interessant im aktuellen Kontext ist „Das Donauweibchen“: Zwei halb nackte Nixen werden von rauchenden kleinen Fischen umschwärmt. Eine davon verrät in einer Sprechblase der anderen: „Glaub mir, eines schönen Tages wird nicht nur unsere Donau blau sein, sondern die ganze Stadt. Bürgermeister ist dann ein fescher, junger Kerl namens HC! Schmacht!“ Bei so viel platter Fischkunde kann nicht einmal Rainer Brüderle von der FDP mithalten, dessen beschwipstes Balzen die jüngste Sexismus-Debatte ausgelöst hatte.

Straches Begründung, warum sein Jägerball-Kommentar an sich harmlos sei, ist originell. Mit „auf, auf ihr Hasen“ sei er immer von seiner Mutter geweckt worden, das sei ein Kinderlied. Eh klar, immer sind die Mütter schuld, vor allem, wenn es um die Tradierung volkstümlichen Liedgutes geht. Nicht jeder hat das Privileg, mit Schumann in den Schlaf gesungen zu werden. Manche Kinder müssen wahrscheinlich sogar alte Märsche wie jenen über den schönen Westerwald erdulden. Das prägt.

Der Verweis auf die Überfrau zielt im Übrigen auch auf die Sexismus-Debatte. Im falschen Kontext bedeutet er: Die Männer, die Verbrecher, sie können halt nicht anders, sie sind Opfer ihrer Erziehung, Sklaven ihrer Triebe. Wer so argumentiert, für den ist logisch: Sperrt die Frauen weg oder verhüllt sie züchtig, sonst garantieren Männchen in der Brunft für gar nichts mehr. Wahrscheinlich sähen es nicht nur strenge Damen lieber, Herren wegzusperren, die so haltlos vom Instinkt getrieben sind – aber das ist eine andere Geschichte.

Was auffällt bei der kleinen HC-Affäre: Sie wird wahrscheinlich sowohl Strache nützen, der durch Machismo seine Stammwähler bei Laune hält, als auch seinen Gegnern, die ihren Verdacht der Frauenfeindlichkeit bestätigt wissen und ebenfalls bei ihren Kernwählerschichten punkten. Ob die Debatte aber Bewusstsein für wahre Opfer schafft? Klingt nach Jägerlatein.

E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2013)

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