Und wären die Kunstsammler nicht – ein seltenes Lob

Wir sollten uns bedanken bei denen, die Kunst und Wissen konzentrieren. Posthum bei Rudi Schmutz. Persönlich bei Dieter und Gertrud Bogner.

Als gierige Spekulanten oder großkotzige Selbstdarsteller mit eigenem Museum – in diesen Gestalten gehen Kunstsammler oft in die Medien ein. Der Wiener Kunstsammler Rudi Schmutz war das Gegenteil davon. Er war überhaupt das Gegenteil von vielem, was man sich so vorstellt. Eines Spitzenmanagers zum Beispiel. Der drahtige, kleine Mann mit Glatze, immer in knallgelben T-Shirts auf allen Vernissagen unterwegs, war einst Generaldirektor von Unilever Österreich. Vor allem aber war er Kunstsammler, einer der unkonventionellsten dieses Landes. Er besaß die größte private Oswald-Oberhuber-Sammlung, setzte sich aber auch rastlos für unterschätzte historische Künstler ein wie den Münchner Maler und Kommunengründer Karl-Wilhelm Diefenbach (1851–1913) oder den umstrittenen Wiener Maler Karl Sterrer (1885–1972).

Schmutz war ein Wiener Original im besten Sinn, streitbar, aber offen, immens neugierig und humorvoll. Am Dienstag starb er im Alter von 83 an den Folgen einer Herzoperation. Dabei dachten seine Freunde, es ginge wieder bergauf. Jetzt bleiben nur noch die Geschichten über ihn und von ihm. Etwa die vom Kauf seines ersten Bildes, eines Marx-Porträts, das er sich als damals linkslinker Student im Dorotheum zulegte, um die Mädchen rumzukriegen, erzählte er schelmisch. Marx hängte er bald wieder ab. Der Gang in die Auktionshäuser und Galerien blieb. Bis zuletzt kaufte er, ein Bild von Diefenbach, dem Lieblingskünstler, noch ganz zum Schluss.

Rudi Schmutz war ein Fixstern der Wiener Sammlerszene. Wie Dieter und Gertrud Bogner es sind, gemeinsam saßen und sitzen sie noch im Advisory Board des Museums moderner Kunst (Mumok). Man muss diese intensiven Kulturarbeiter, die mit ihrem Spezialwissen und ihrer Getriebenheit Sammlungen, Konzentrate schaffen, die Institutionen personell und finanziell nicht leisten können, mehr würdigen.

Die Bogners sind ein spezielles, in Österreich in dieser Dimension alleinstehendes Beispiel dafür, wie selbstlos dieses Engagement aussehen kann, wohin der „Jagdtrieb“ führen kann. Sie stehen in der Tradition eines bürgerlichen Einsatzes fürs Gemeinwohl, den es bei uns im Gegensatz zu Deutschland und der Schweiz so nie gegeben hat. Erst gestern wurde bekannt, dass sie die Schenkung großer Teile ihrer Sammlung ans Mumok von 2007 wesentlich erweitern: um Hauptwerke von Friedrich Kiesler, dem visionären Architekten und „Raumforscher“ der Wiener Moderne. Die Kiesler-Stiftung muss dennoch nicht auf die Modelle und Zeichnungen verzichten, sie bleiben in ihren Räumen ausgestellt, als Mumok-Dauerleihgabe.

Es ist das Geringste, was man all diesen Sammlerpersönlichkeiten einmal entgegenbringen sollte, persönlich oder posthum – ein deutliches Danke.

E-Mails an: almuth.spiegler@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 13.01.2017)

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