Fische kapern oder Kapern fischen? Graz hat gewählt!

Und jetzt wechsle ich meinen hyperaktiven Urologen, um in Ruhe meine Weihnachtskekse backen zu können.

Mein Exlieblingsurologe bezeichnet sich, seitdem er „Fluch der Karibik“ I, II und III gesehen hat, halb im Scherz, halb im Ernst als „Piraturologen“. Dauernd will er etwas kapern. Ich will das nicht. Ich will – wie soll ich's sagen? – meine zwei, drei Intimsachen beieinanderhalten. Wir leben ja in einer Zeit, in der man sich husch, husch voneinander trennt – sei's vom Partner, dem man trotz des Gewimmels elektronischer Singlebörsen ewige Treue geschworen hat, sei's von den lieben Kleinen, die sich zur Regeneration vom Familienliebesstress in der Ganztageskinderkrippe tüchtig ausschreien dürfen, sei's von einem Körperteil, der unschön absteht.

Deswegen zähle ich mich, heimatloser Altsozialist, der ich seit meinen jungsozialistischen Tagen bin, neuerdings zu den Stammwählern der Grazer Piratenpartei, deren politisches Credo, frei nach Tex Rubinowitz, lautet: „Besser Kapern fischen als Fische kapern!“ Ich stelle mir vor, dass, wenn die Piraten das Schifflein unserer Demokratie durch die stürmischen Gewässer des Haifischkapitalismus steuern werden, ich mir wenigstens keine Sorgen mehr darüber machen muss, meine zwei, drei Intimsachen – im Jargon meines Exlieblingsurologen „kleine Fische“ – beieinanderzuhalten.

Ginge es nach meinem Exlieblingsurologen (er soll ja ein Fan unseres suppenkasperähnlichen Bürgermeisters sein, der, nachdem er das Anfüttern von Bettlern verboten hatte, sein hyperaktives Wahlmotto ausgab: „Anders denken, einfach handeln!“), dann hätte ich die eine oder andere „urologische Kaperung“ zu gewärtigen. Denn aufgrund meiner „angefütterten Intimbiotope“ erforderte die Trockenlegung der unterliegenden Feuchtgebiete den Einsatz „extinktiver Piraterien“.

Was immer das wäre – na danke vielmals! Man hat vor Weihnachten den Kopf ohnehin voller Keksbacksorgen. Die ersten Probebleche meiner Cranberry-Zimt-Streifen und Mandel-Amaretto-Makronen, penibel gebacken nach den „Himmlischen Plätzchenrezepten“ aus der „Brigitte“, brachten meine aufs Weihnachtskeksvorkosten trainierten Meerschweinchen Fritzi&Fratzi dazu, sich tot stellend mir ihre geblähten Bäuchlein entgegenzustrecken. Umso dankbarer memoriere ich das Sendschreiben meines treuen Lesers und neuen Lieblingsurologen, der seiner Passion nach eigentlich „Ohrologe“ ist.

Dr. Franz Tschurlovich aus A-7400 Oberwart empfiehlt, mich mit meinem Lieblingsapotheker einmal über eine „ohrale“ Anwendungsform der von mir notfalls (und Notfall ist bekanntlich immer) oralrektal – wechselweise rektaloral – applizierten Prontopax-Forte-Zäpfchen zu beraten: „Wenn die kontinuierliche Wirkstofffreisetzung des Zäpfchens über die Haut des äußeren Gehörganges bei gleichzeitig schalldichtem Abschluss desselbigen durch ein Glycerinzäpfchen gelänge, wäre dies die Designerdroge schlechthin.“ Super, oder? Dr. Tschurlovich wäre auch einem Selbstversuch nicht abgeneigt: „Ich würde dann eine Familienvorteilspackung bestellen, da vieles, was durch den äußeren Gehörgang dringt, im Ordinationsalltag eines südburgenländischen Kassenvertragsurologen Morgen-, Mittags- und Abendgrausen verursacht.“

Ja, ja und nochmals ja! Bin ich erst ohralberuhigt und glycerinverstoppelt, dann werden mir meine Cranberry-Zimt-Streifen und Mandel-Amaretto-Makronen in stiller Vorfreude gelingen, egal, welchem piraturologischen Galimathias unsereiner ausgesetzt ist, sobald es darum geht, seine zwei, drei Intimsachen beieinanderzuhalten. Danke, Dr. Tschurlovich!


E-Mails an: peter.strasser@uni-graz.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2012)

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