Festplattenabgabe: Die Künstler bitten ihr Publikum zur Kasse!

Die Kunstschaffenden sollten endlich thematisieren, wie viel von den Erlösen auf dem Weg zu ihnen in der Industrie hängen bleibt.

Mit der Initiative „Kunst hat Recht“ fordern Kunstschaffende nun auch per Bürgerinitiative lautstark eine Festplattenabgabe. Sie lassen dabei völlig außer Acht, dass auch sie vom technologischen Fortschritt profitieren. Viele würde ohne das Internet niemand kennen. Niemand würde zu ihren Konzerten gehen, niemand würde ihre Platten kaufen. Ein Justin Bieber würde noch immer allein im Wohnzimmer singen, zur Kabinenparty hätte niemand getanzt.

Wenn die Künstler, wie sie behaupten, keinen Kampf gegen ihr Publikum führen wollen, dann ist es an der Zeit, auch die Forderungen daran anzupassen. Die Kunstschaffenden sollten sich darauf konzentrieren, zu thematisieren, wie wenig Erlös von ihren verkauften Platten, Büchern oder Filmen tatsächlich bei ihnen ankommt und wie viel auf dem Weg in der Industrie hängen bleibt.

Die Angebote müssen passen

Wenn das Angebot stimmt, wird für Inhalte auch bezahlt. Und um im 21. Jahrhundert bestehen zu können, sind moderne Geschäftsmodelle gefragt. Menschen zahlen nämlich sehr wohl für E-Books, für Filme, für Musik. Es muss nur das Angebot passen.

Apple macht ein Riesengeschäft mit dem Programm iTunes. Der Grund dafür ist einfach: Es ist bequem und sicher. Man klickt zweimal und schon wird heruntergeladen. Man hat die Sicherheit, dass die Qualität in Ordnung ist, und man muss keine komplizierten Programme dafür anschaffen oder irgendwelche Schutzmechanismen umgehen. Und last but not least: Es ist vollkommen legal.

Genauso verdienen TV-Anbieter auch mit ihrem On-Demand-Fernsehen. Um die fünf Euro zahlt man da für einen Film, weil man nicht in die Videothek fahren muss, um ihn auszuborgen und zurückzubringen.

Die geforderte Festplattenabgabe ist der falsche Weg. Anstatt sich mit der mächtigen Industrie anzulegen, bitten die Künstler mit der Festplattenabgabe ihr Publikum zur Kasse und das auf absurde Art und Weise. Eine Festplatte zu besteuern ist im Grunde nämlich nichts anderes, als Papier zu besteuern, nur weil jemand darauf ein Buch abschreiben könnte.

Keine treffsichere Abgabe

Darüber hinaus ist die Abgabe alles andere als treffsicher. Sie wird auf alle Speichermedien eingehoben, ganz egal, ob man etwas heruntergeladen hat oder nicht.

Im letzten Urlaub hab ich meine Kamera mitgehabt. Die entstandenen Fotos habe ich auf meinen PC kopiert, sicherheitshalber auf einer externen Festplatte gesichert. Und weil sich meine Mutter immer freut, wenn sie Bilder von mir hat, habe ich ihr eine CD mit den schönsten Fotos gebrannt. Dafür zahle ich dann viermal. Für die Kamera, den Computer, die externe Festplatte und den CD-Rohling. Da geht es aber um meine eigenen Fotos, nicht um irgendein Lied von einem Künstler. Das ist schlicht und ergreifend ungerecht.

Deshalb muss man die richtigen Fragen stellen, um auch die richtigen Antworten zu bekommen. Und die richtige Frage lautet: Wie sorgen wir für mehr Gerechtigkeit?

Noch mehr Geld für die Industrie

Mehr Gerechtigkeit gibt es ganz sicher nicht, indem man einfach ein veraltetes Urheberrecht auf neue Herausforderungen umlegt und damit alle Menschen zur Kasse bittet. Das führt nicht dazu, dass Künstler fairer entlohnt werden. Im Gegenteil: Es führt einzig und allein dazu, dass die ohnehin schon reiche Industrie auf Kosten aller noch reicher wird.

Mag. Marcus Gremel (29) ist Politikwissenschaftler, Vorsitzender der Jungen Generation in der SPÖ-Wien, Geschäftsführer der SPÖ Alsergrund und Bezirksrat.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2012)

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