Das Beispiel Schweiz: Finanzautonomie statt Zocken mit Steuergeld

Auch in Skandinavien finanzieren sich die Gemeinden zu einem guten Teil durch Einhebung von Steuern, die sie selbst festsetzen.

Der Finanzskandal in Salzburg ist für alle, die den Föderalismus in Österreich einschränken wollen, eine willkommene Gelegenheit. Dabei sollen alle Länder das Versagen eines einzelnen Landes büßen müssen – unabhängig davon, ob es sich nun wirklich nur um Kontrollversagen oder doch um eine von der Politik zumindest hingenommene Zockerei handelte.

Die verschiedenen Vorschläge reichen von einer Kuratel der Länder unter die Bundesfinanzierungsagentur, über verfassungsrechtlich verankerte Spekulationsverbote bis hin zu gläsernen Kassen der Länder, bei denen der Bund Einsicht in jede einzelne Veranlagung bekommen soll.

Wer sich nur über die Länder empört, blendet aus, dass sich in der Vergangenheit die von vielen Seiten hochgelobte Bundesfinanzierungsagentur, genauso wie ausgegliederte Gesellschaften des Bundes, namentlich die ÖBB, in ähnlicher Höhe verspekuliert haben. Natürlich haben auch Gemeinden spekuliert. Der Fall Linz beschäftigt mittlerweile ja auch schon die Gerichte.

Diese Geschäfte wurzeln allesamt in einer Zeit, in der viele Finanzchefs öffentlicher Einrichtungen glaubten, auf einer Art Bonanza zu leben, wo man sich seiner Budgetsorgen spielerisch entledigen konnte.

Getäuschter Rechnungshof

Es ist klar, dass der Salzburger Skandal nach Konsequenzen ruft, die logischerweise für sämtliche Gebietskörperschaften einschließlich der Sozialversicherungsträger und andere Selbstverwaltungskörper in gleicher Weise gelten müssen. Die Gebietskörperschaften sollten schleunigst gemeinsam festlegen, welche Geldgeschäfte als Spekulation zu gelten haben und aus solchen kontrolliert aussteigen. Das geeignete Instrument dafür wäre der Stabilitätspakt. Schließlich werden dort auch die Verschuldungsgrenzen der Gebietskörperschaften vereinbart. Nicht zuletzt sollte sich der Rechnungshof fragen, wie es möglich ist, dass er trotz unumschränkter, verfassungsrechtlich garantierter Einschaurechte getäuscht werden konnte und wie eine Verfeinerung seiner Prüfungsinstrumente möglich ist.

Instrument gegen Spekulation

Über ein wirksames Instrument gegen die Spekulation einzelner Gebietskörperschaften wurde bisher allerdings kaum gesprochen: Steuerautonomie. Da müssten nämlich die verantwortlichen Politiker primär vor ihrer eigenen Bevölkerung ihr Verhalten rechtfertigen. Die Bürger wüssten auch, wem sie Steuererhöhungen zu verdanken haben, wenn die Verluste einmal schlagend werden.

Finanzautonomie, das lehrt das Beispiel Schweiz, führt zwar zu unterschiedlichen Steuerbelastungen in den einzelnen Kantonen, aber auch zu einem vorsichtigeren Umgang der Politik mit dem Geld.

Das Argument, Finanzautonomie benachteilige die strukturschwächeren Länder, verfängt nicht: Auch in der Schweiz gibt es einen Finanzausgleich zwischen reicheren und ärmeren Kantonen, mit dem Benachteiligungen zwischen Randlagen und Ballungszentren ausgeglichen werden, frivoler Umgang mit fremdem Geld jedoch nicht begünstigt wird.

Österreich wäre auch nicht zu klein für eine Finanzautonomie auf Länderebene: Neben der Schweiz kann auf die skandinavischen Staaten verwiesen werden, wo sich die Gemeinden zu einem guten Teil durch die Einhebung von Steuern, die sie selbst festsetzen, finanzieren. Auch in diesen Ländern ist eine Unterschiedlichkeit der Steuersätze kein Problem.

Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger ist Leiter des Instituts für Föderalismus in Innsbruck. Er ist derzeit Landtagsdirektor von Vorarlberg und ab 2013 Forschungsbeauftragter im Liechtenstein-Institut in Bendern.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2012)

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