Es geht nur um ein Religionsgesetz

Österreichs Muslime sind keine Marionetten. Hinter der Kritik am Gesetz stehen keine Kräfte aus dem Ausland.

Ich muss Ednan Aslan heftig widersprechen. Weder entsprechen die von ihm gestellten Thesen den Tatsachen, noch benutzten manche Politiker des konservativen Spektrums in Österreich die richtigen Argumente. Wir brauchen ein Religionsgesetz, das die Beziehung zwischen dem Staat und der Islamischen Glaubensgemeinschaft regelt. Dieses Gesetz soll kein Sicherheits- und Polizeigesetz sein, und auch nicht ein Integration- oder gar ein Antiradikalisierungsgesetz.

Aber zur Genesis der Debatte sei fairerweise festgehalten, dass es weder die Intention der Regierung noch der Parteien war, ein neues Islamgesetz zu initiieren. Das alte Islamgesetz des Kaisers hat 102 Jahre gehalten und würde es vermutlich noch weiterhin tun.

Als die IGGiÖ in den vergangenen Jahren mit der Umsetzung der seelsorgerischen Aktivitäten, der islamischen Feiertage, den islamisch-theologischen Studien etc. begann, stieß die IGGiÖ auf Widerstand der zuständigen Beamten, da diese klare Gesetzestexte verlangten – die es im Gesetz von 1912 nicht gab. Dies bewegte die IGGiÖ, auf einer Gesetzesnovellierung zu bestehen.

Der erste Entwurf eines Gesetzes, der noch unter Präsident Schakfeh in Anlehnung an das Protestanten-Gesetz eingebracht wurde, wurde vom Kultusamt schubladisiert und die Hoffnung Präsident Sanaçs, eine Blaupause des neuen IKG Gesetzes zu bekommen, hat sich nicht erfüllt. Der Beamtenentwurf wurde intern schlecht kommuniziert, und die Aufregung war perfekt.

Rationale Argumente

Der Diskurs wurde stets mit rationalen und inhaltlichen Argumenten geführt. Die Verbände, Vereine, die Jugend und die muslimische Zivilgesellschaft haben trotz diverser Strömungen allesamt Kritik eingebracht. Sie haben sich durch Artikel, Publikationen, parlamentarische Petitionen, politisches Lobbying und schließlich ein öffentliches Hearing beeindruckend der Methoden des Rechtsstaats bedient. Zudem wurde die Begutachtungsfrist genutzt, um über 180 Stellungnahmen abzugeben. Schließlich haben sich die Exekutiv- und Legislativ-Organe der IGGiÖ, von denen man bis dato nicht viel hörte, aktiv in die Verhandlungen eingeschaltet.

Berechtigte Sorge

Die Sorgen und Kritikpunkte der Muslime kann man in folgende Bereiche eingrenzen: Die Prinzipien des Gleichheitsgrundsatzes, die Nicht-Einmischung des Staates in die innere Autonomie, die Verhältnismäßigkeit, den Generalverdacht und die Funktionsfähigkeit der Moscheen und Institutionen. Wenn dem Gesetz zu entnehmen ist, dass Vereine innerhalb von sechs Monaten ihre Statuten ändern müssen, andernfalls aufgelöst werden, so ist das eine berechtigte Sorge und keine „hysterische Propaganda“, wie von Aslan beschrieben.

Kein Mensch in der Welt möchte finanziell von anderen abhängig sein, und schon gar nicht aus dem Ausland. Aber man muss Verständnis haben, dass man aufgebaute Strukturen nicht über Nacht ändern kann und 65 Moscheen ohne Imame lässt.

Es war weder eine vom Ausland gesteuerte Sache noch haben die Muslime Österreichs eine ausländische Einmischung jemals verlangt oder gefordert – im Gegenteil: Es war eine stinknormale innerösterreichische Angelegenheit. Wir brauchen keine Weltverschwörungstheorien – weder sind das Ausland und irgendwelche Kräfte hinter der Kritik noch ist es ein Kampf gegen den Westen und seine Werte. Wir sind keine Marionetten, die von irgendwem gesteuert werden. Hoffen wir im Sinne der Tradition der österreichischen Sozialpartnerschaft auf baldige Einigung. Es wäre der erste Schritt in Richtung des sogenannten Islam österreichischer Prägung. Und es wäre schön, wenn dieses Gesetz auch 102 Jahre lang funktionieren würde.

Der Autor ist Vorstandsmitglied der Initiative muslimische ÖsterreicherInnen und war lange Jahre IGGiÖ-Integrationsbeauftragter.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2015)

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