Der unrühmliche Eiertanz der Exportförderung

EU-Staaten subventionieren im Ausland Hühnerkäfige, die hier verboten sind.

Käfiganlagen zur Haltung von Legehennen, die hierzulande verboten sind, werden in die östlichen Nachbarländer der EU exportiert. Die Staaten versichern diese Exporte mit öffentlichen Mitteln in Millionenhöhe. Die Billigeier aus diesen Anlagen landen dann auch auf den Märkten der EU-Mitgliedstaaten und setzen heimische Landwirte unter enormen Druck. Ein verrücktes System?

Die Haltung von Legehennen in Käfigen bedeutet lebenslanges Tierleid. Folgerichtig entschied die EU im Jahr 1999, dass nicht ausgestaltete Käfige in der Union seit 2003 nicht mehr errichtet und seit 2012 nicht mehr verwendet werden dürfen. Mit dieser Entscheidung hätten auch die Hersteller solcher Tierhaltesysteme neue Wege gehen können. Die großen Stallbau-Unternehmen in Deutschland, Italien und anderen Ländern schlugen jedoch einen anderen Weg ein, nämlich die EU-weit nun verbotenen Anlagen in andere Staaten zu exportieren. Und dabei werden sie von den Regierungen tatkräftig mit Exportkreditgarantien unterstützt.

Exportkreditgarantien werden von Staaten gewährt, um das eigene Exportgeschäft anzukurbeln. Dabei übernimmt die öffentliche Hand das Ausfallrisiko. Wenn also der Betreiber der Käfiganlagen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, springt der Steuerzahler ein. Exporteure von hierzulande aus gutem Grund verbotenen Produkten müssen also nicht einmal mehr ihr wirtschaftliches Risiko tragen, sondern dürfen es auf die Allgemeinheit abwälzen.

Die Käfigabnehmer sind marktführende Unternehmen in Ländern wie der Türkei, Russland oder der Ukraine. Deren Eiexporte landen auch auf den Märkten der EU-Staaten, wo die Landwirte die Billigkonkurrenz beklagen, und schließlich in Kuchen und Co., wo Herkunft und Haltungsform nicht deklariert werden müssen. Mit dieser Form der Exportwirtschaftsförderung haben Regierungen aus EU-Staaten in den vergangenen Jahren ein System geschaffen, das heimischen Landwirten, die auf die Produktion qualitativ höherwertiger Produkte verweisen, zum Problem wird.

Beispiele gefällig? Da wäre etwa Avangard, der größte Eierproduzent Eurasiens, ein Unternehmen eines ukrainischen Oligarchen, allerdings mit steuerschonendem Firmensitz auf Zypern. Mit Unterstützung durch deutsche und italienische Exportkreditgarantien errichtete Avangard in den vergangenen Jahren Käfiganlagen für mehr als sieben Mio. Legehennen (mehr als der gesamte Legehennenbestand Österreichs). Seit dem Vorjahr exportiert die Firma Eiprodukte auch in die EU. Oder das ebenfalls ukrainische Unternehmen Ovostar (Firmensitz in den Niederlanden), das sich rühmt, das höchste Legebatterie-Gebäude Europas errichtet zu haben. Auch Ovostar liefert nun in die EU.

Abgesehen von der moralischen Frage des Exports von tierquälerischen Produkten ist fraglich, ob es sinnvoll ist, öffentliche Mittel dafür einzusetzen, eine Branche (Käfig-Exporteure) auf Kosten einer anderen (heimische Landwirte) zu fördern.

Ist ein Ausweg in Sicht? Ja, nur der verlangt politisches Gespür und vorausschauendes Denken. Die OECD bietet einen Rahmen für die Umwelt- und Sozialprüfung von staatlich geförderten Exportkrediten, die sogenannten Common Approaches. Tierschutz ist darin bisher kein Thema. Andererseits ist aber die Haltung von Legehennen in nicht ausgestalteten Käfigen in 24 der 34 OECD-Länder verboten. Es wäre naheliegend, Tierschutzregelungen auch in die Common Approaches aufzunehmen und Exporte, die den eigenen Werten widersprechen, nicht mehr zu fördern. Bisher gibt es nur sehr zögerliche Bewegung in diese Richtung.

Nicolas Entrup, 43, ist seit 20 Jahren im internationalen Tier-, Arten- und Umweltschutz tätig. Er ist Leiter der Agentur Shifting Values, die mit und für gemeinnützige Organisationen Initiativen umsetzt.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2015)

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