Entwarnung: Es gibt immer eine sichere Seite, Genossen!

Erfolg der Sozialdemokratie hat sich fast schon weltweit herumgesprochen.

Das Wiener Original Hermann Leopoldi kündigte sich seinem Publikum als „Klavierhumorist“ an. Politiker, Berater und Politikberater sollten sich als „Polithumoristen“ bezeichnen, wenn sie jetzt unisono behaupten, ein „Manager von außen“ könne die abgetakelte Fregatte namens SPÖ wieder in sichere Gewässer führen. Denn die Bewegung ruht nicht und kommt infolgedessen auch nie zur Ruhe. Und wenn dein starker Arm es will, dann wird gesägt. Unermüdlich, ohne Rücksicht auf Verluste. Am 1. Mai auf dem Rathausplatz wurde sogar der mächtigste Mann Österreichs, der Bundeskanzler, zurückgestutzt.

Arbeitsplatzsicherheit

Die Weichen für die Nachfolge sind nun gestellt. Ist jeder Manager eines Krisenbetriebs ein Krisenmanager? Kann der den Karren wieder auf Schiene bringen? In seiner Firma, mit Risikoabdeckung durch die öffentliche Hand, ist der Passivstand (mit etwa 68.000) deutlich höher als der Aktivstand (mit rund 40.000). Fazit: Eine Firma, in der es mehr Pensionisten als Arbeitende gibt. Ein Musterfall für das Lebensarbeitszeitmodell.

Oder mit einem modernen Wieselwort der Expertenblase: optimale Work-Life-Balance – also Kernkompetenz in Reinkultur, besonders in Sachen Zielgruppe und Arbeitsplatzsicherheit. Denn der Arbeitsplatz der Pensionisten gilt als der sicherste.

Apropos Arbeitsplatz-Sicherheit: Das erste Prinzip und oberste, ungeschriebene Gesetz einer „geschützten Werkstätte“ lautet: Engagiere nie jemanden, der kompetenter ist als du oder gar seinen Job besser beherrscht – am Ende stehst du blöd da und bist ausgebootet von einem Erfolgreichen!

Hausfrieden währt nur kurz

Wie man vor allem in der SPÖ niemals dastehen sollte? Nackt und ohne Hausmacht. Der zugesicherte Hausfrieden ist oft von kurzer Dauer. Denn, wer Klasse sagt, muss auch Kampf dazusagen. Und wer nicht kämpft, hat schon verloren: Ich kämpfe, also bin ich.

Exemplarisch ein linker Flügel, der sein Heil im Modell Venezuela sieht (wie etwa die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Julia Herr). Wer so realistisch ist, sägt am liebsten am eigenen Ast, solange es nur am rechten Rand ist. Jedoch, Entwarnung Genossen: Es gibt immer eine sichere Seite.

Die Mitglieder der Kompass-Plattform sind auch noch da. Sie erhöhten sich uneigennützig für Kurskorrekturen in der Sozialdemokratie „ohne Steuermann“. Wer über Know-how für den kleinen Bereich verfügt, kann schnell und leicht zu Höherem berufen werden. Bürgermeister Andreas Babler könnte dem darbenden Restösterreich sein Erfolgsmodell Traiskirchen überstülpen. Vorzeigbar auch seine Arbeitsplatzbilanz: Er schuf ein Jobwunder und generierte 50 Prozent Zuwachs. Allerdings nur für sich selbst – als sein eigener Pressesprecher.

Inklusion und Exklusion

Doch – und nun wird es ernst – die Frage aller Fragen ist das Verhältnis von Inklusion zu Exklusion. Wie viel Teilhabe von fremden Personen ist möglich und sozial gerade noch verträglich? Wie viel Ausschluss, also Exklusion, aus dem Füllhorn des Sozialstaates ist gerade noch legal? Wohlgemerkt: Für Personen, die keine Beiträge und Abgaben in die Solidargemeinschaft eingezahlt haben.

Null Inklusion (also kompletter Ausschluss) ist ebenso unmöglich wie 100 Prozent Inklusion (sprich volle Teilhabe). Es wird einzig und allein auf dieses Verhältnis ankommen. Dafür beneidet uns die gefühlte halbe Welt – und macht sich auf den Weg zu uns. Der Erfolg der Sozialdemokratie hat sich herumgesprochen.

Karl Weidinger (geboren 1962) lebt als Schriftsteller und Übersetzer in Wien und im Burgenland. Sein Anliegen ist die Gesellschaftskritik.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2016)

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