ÖBB im Faulbett? Absurd!

Replik. Investitionen, die die Österreichischen Bundesbahnen heute tätigen, sind die Grundlage für das Geschäft von morgen.

In einem Kommentar („Die Presse“ 6. März) wirft Josef Urschitz den ÖBB und anderen Bahnen vor, nicht fit für den Wettbewerb zu sein. Gleichzeitig wird darin die angebliche Unverhältnismäßigkeit von Investitionen in eine moderne, umweltfreundliche Bahn angeprangert. Das passt nicht zusammen. Investitionen, die wir heute tätigen, sind die Grundlage für unser Geschäft von morgen.

Hätten die ÖBB nicht in den Ausbau der Weststrecke investieren sollen, der Millionen Bahnfahrern deutlich kürzere Fahrzeiten gebracht hat? Wien–St. Pölten in weniger als einer halben Stunde ist mit dem Auto nicht zu schaffen, 75 Minuten bis Linz sind ebenso konkurrenzlos. Oder hätte man auf den Semmering-Tunnel und den Koralm-Tunnel verzichten sollen, die dazu beitragen, dass die Fahrzeit von Wien nach Klagenfurt von knapp vier auf zwei Stunden 40 Minuten sinken wird?

Diese Bauvorhaben aber als unangemessen zu bezeichnen und gleichzeitig zu sagen, hier liege ein Moloch im Faulbett, ist absurd. Der Anstieg auf 244 Millionen Fahrgäste pro Jahr spricht für sich und zeigt, dass die Investitionen punktgenau wirken.

Der zweite wichtige Geschäftsbereich, die Cargo-Sparte, leidet darunter, dass es keine Kostenwahrheit gibt. Im Gegensatz zum Diesel ist der Strom für die Bahn nicht mittels Steuerbegünstigung subventioniert. Fracht auf der Straße verursacht zudem 15 Mal mehr Schadstoffe als auf der Schiene. Dazu kommt, dass in den Lkw immer öfter Fahrer sitzen, die nach osteuropäischen Lohnstandards bezahlt werden.

Am meisten zahlen die Kunden

Die Gefahr des Preisdumpings wird im Bahnsektor konkret, wenn sämtliche Transportleistungen wie geplant europaweit ausgeschrieben werden müssen. Die ÖBB können dabei ebenso wenig wie andere heimische Verkehrsunternehmen mit europäischen Billiganbietern mithalten – die übrigens durchwegs Tochterunternehmen von Staatsbahnen sind und einen großen Teil ihrer Fixkosten an ihre staatlichen Mutterunternehmen ausgelagert haben.

Die direkten Auftragskosten sinken zwar, das Geld fließt aber ins Ausland ab. Die regionale Wertschöpfung sinkt, Arbeitsplätze in der Region gehen ebenso verloren wie Steueraufkommen.

Den höchsten Preis für die Folgen des Dumping-Wettbewerbs zahlen die Kunden. Wie etliche ausländische Beispiele zeigen (Dänemark, Schweden, UK), führt der volle Ausschreibungswettbewerb zu einem verschlechterten Fahrplanangebot und zu höheren Ticketpreisen. Das schadet der Volkswirtschaft und dem Klimaschutz.

Der Vergleich der Schulden von französischer und österreichischer Bahn ist eine weitere Milchmädchenrechnung. Fakt ist: Österreich hat bei Reformen im Bahnbereich 20 Jahre Vorsprung gegenüber Frankreich. Es hilft, in Sachen Schulden, eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung anzustellen. Das Ergebnis wird Urschitz nicht gefallen. Schulden dienen nicht zur Verlustabdeckung. Tatsächlich stehen dahinter Investitionen, die bleibende Werte schaffen.

Die Mittel kommen Bauunternehmen, Gewerbe, Dienstleistern und Mitarbeitern zugute und bringen von 2013 bis 2020 eine zusätzliche Wertschöpfung von 13,6 Milliarden Euro sowie 24.000 neue Jobs. Damit gehören die Investitionen der ÖBB zu den volkswirtschaftlich effizientesten Vorhaben, die es in Österreich gibt.

Sven Pusswald ist Leiter Konzernkommunikation & Public Affairs bei den ÖBB.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2018)

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