Zynisch und unverständlich

Mit der Kürzung der Mittel für den Auslandskatastrophenfonds bricht die Regierung ihre eigenen Versprechen.

Die im Doppelbudget 2018/19 vorgesehene Kürzung des Auslandskatastrophenfonds (AKF) von 20 auf 15 Millionen Euro ist ein herber Rückschlag im Kampf gegen Hunger, Not und Armut. Der AKF zielt darauf ab, Menschenleben in humanitären Krisen, etwa Kriegen oder Erdbeben, zu retten. Diesen Fonds zu kürzen ist ebenso zynisch wie unverständlich.

Die Regierung bricht damit ihre eigenen Versprechen und widerspricht ihrem eigenen Programm, in dem sie eine Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds festgelegt hat. Im Wahlprogramm versprach die ÖVP sogar eine Verdreifachung des Fonds auf 60 Millionen Euro. Das scheint bereits vergessen. Die Regierung beschneidet den im internationalen Vergleich ohnehin schon beschämend niedrig ausgestatteten Fonds und verschärft damit die Kluft zwischen Worten und Taten in Bezug auf die Hilfe vor Ort.

Erst nach vielseitiger Kritik versucht die Regierung nun zu beruhigen: Bei Bedarf werde der Fonds um fünf Millionen aufgestockt – damit bleibe es bei 20 Millionen, so der Kanzler. Bei Bedarf? Laut Angaben der UNO brauchen aktuell 130 Millionen Menschen akut humanitäre Hilfe. Allein für Syrien beziffert die UN den finanziellen Bedarf mit 2,8 Milliarden Euro. Einen Bedarf, der für die österreichische Regierung scheinbar noch nicht ausreichend ist.

Provinzielle Debatte

Ist das Unkenntnis oder verantwortungsloser Provinzialismus? Zu den dramatischen Folgen für die von Hunger und Krieg betroffenen Menschen kommt auch noch eine europapolitische Dimension. Denn welches Signal sendet die österreichische Bundesregierung im Vorfeld der EU-Ratspräsidentschaft aus, wenn sie sich in Debatten über Niedrigstbeiträge zur humanitären Hilfe verliert? Ist das der Anspruch Österreichs? Wollen wir nicht eher vorangehen, ein klares Signal setzen und Millionen von Menschen mittels Hilfe vor Ort Lebensperspektiven ermöglichen?

Während die österreichische Regierung darüber diskutiert, ob sie nun beschämende 15 oder 20 Millionen an humanitärer Hilfe leistet, geben vergleichbare europäische Länder ein Vielfaches für humanitäre Hilfe aus. Dänemark leistete 2016 laut OECD über 300 Millionen Euro, Schweden über 400 Millionen Euro. Österreich stellte 2016 laut OECD knapp 23 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zur Verfügung. In Dänemark betrug die geleistete humanitäre Hilfe demnach gut 54 Euro pro Kopf, in Österreich hingegen nicht einmal drei Euro pro Person.

Nun könnte man meinen, dass Österreich wenigstens bei der längerfristig angelegten Hilfe vor Ort, also bei entwicklungspolitischen Projekten, einen Schritt nach vorn macht. Doch auch von der einst von Sebastian Kurz angekündigten Verdoppelung der Mittel für bilaterale Projekthilfe bleibt recht wenig übrig. Eine Verdoppelung der Mittel bis 2021 auf 154 Millionen bedarf einer Erhöhung um jährlich 15,5 Millionen Euro. 2018 bleiben die Mittel jedoch gleich, für 2019 werden sie nur geringfügig erhöht.

Im Budgetentwurf wird das Vorhaben für mehr Hilfe vor Ort zu Grabe getragen. Es sei denn, die Regierung besinnt sich und beseitigt diese Widersprüche.

Mag. Annelies Vilim ist seit 2013 Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, des Dachverbandes der entwicklungspolitischen und humanitären Organisationen mit derzeit 35 Mitgliedsorganisationen.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2018)

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