Der Fall Schwarz: Gespielte Erregung der Trittbrettfahrer

Die aktuellen Aufrufe zum Kirchenaustritt sind eine Augenauswischerei.

Affären, Macht, Intrigen“ ist ein Titel, der immer zieht, und mit dem Untertitel „Ein Bischof im Zwielicht“ sein skandalöses Unterfutter angemessen bekommt. Verwunderlich ist nur, dass der gleichsam antiklerikale Feldzug durch ein und in einem Wochenmagazin geführt wird, dessen multipel akademisch gebildeter Herausgeber der Kirche und ihren hohen Kreisen eigentlich nicht wirklich fernsteht.

Bereits in mehreren Ausgaben wird der naturgemäß sakrosankte Geistliche Alois Schwarz, der inzwischen als Diözesanbischof aus Klagenfurt nach St. Pölten gewechselt ist, genüsslich durch den Kakao gezogen, sinkt aber auch nach Wochen nicht so tief, dass er ihn – im Sinn Erich Kästners – auch noch trinken würde. Exzellenz verweigert schlichtweg die Aussage.

Zum einen muss gesagt werden, dass nur in den ersten beiden Ausgaben wahrlich Neues an die österreichische Öffentlichkeit gekommen ist, in Kärnten munkelt man über die angeblichen oder tatsächlichen Geschehnisse schon lang. Danach wurde der (k)alte Kaffee nur noch aufgewärmt.

Zum anderen kann man als gelernter Österreicher feststellen, dass bei dieser Publicity schon jeder zweit- oder drittklassige Politiker weidwund wäre und den Hut hätte nehmen müssen. Für die Bischofsmützen gelten offensichtlich andere Maßstäbe, zumal – wie seit Albert Paris Gütersloh bekannt ist – diese im Wald wachsen.

Abstruse Austrittsforderung

Es regt mich nun die Frage, wie es dieser oder andere Bischöfe und Priester mit dem Zölibat halten, nicht auf, geht es doch um ein Kirchengesetz, das noch veralteter ist als viele Ansichten der tonangebenden Kleriker.

Wenn mich etwas – in diesem Zusammenhang – tatsächlich reizen kann, dann die talentiert gespielte Erregung der Trittbrettfahrer, die auf die öffentliche Meinung aufspringen und lautstark fordern, man müsse jetzt und sofort aus der Kirche, diesem heutigen Ableger von Sodom und Gomorrha, austreten. Für mich ist das eine abstruse und nicht nachvollziehbare Forderung, geradezu eine intelligenzfreie Schlussfolgerung. Abgesehen davon, dass wir alle nicht wissen, ob die erhobenen Vorwürfe überhaupt alle ihre Richtigkeit haben.

Das Werben der Rattenfänger

Ich wurde seinerzeit bestimmt nicht wegen irgendeines Bischofs in die Gemeinde der römisch-katholischen Gläubigen eingetragen und werde todsicher nicht wegen eines skandalisierten Bischofs aus der Kirche austreten. Weder ein Bischof noch ein Priester oder sonstiger sogenannter Würdenträger sind allein die Kirche. Sie sind nach der Glaubenslehre vor Gott gleich mit mir und dir.

Ein Kirchenaustritt wegen eines Priesters, der allenfalls gefallen ist, ist eine sehr billige Ausrede, eine Augenauswischerei oder ein Scheinargument, mit dem sich der eine und andere vielleicht nur den ohnehin geringen Kirchenbeitrag ersparen will. Wobei ich durchaus konzediere, dass einstmals im Angesicht von Hermann Groër und Kurt Krenn die kurzzeitige Überlegung, ob man denn beim richtigen Verein sei, nicht ganz von der Hand zu weisen war.

Meine Überzeugung ist es, dass man keinen billigen Argumenten, die von kirchenfeindlichen Rattenfängern vorgetragen werden, auf den Leim gehen darf, sondern als denkender Mensch von innen beitragen sollte, dass die römisch-katholische Kirche schön langsam im 21. Jahrhundert ankommt. Und zwar mit Priestern und Priesterinnen, die heiraten und sich ganz legal vermehren dürfen, wie es die Bibel ja eigentlich für alle vorsieht.

Janko Ferk ist Jurist und Schriftsteller und lehrt an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt/Univerza v Celovcu. Er arbeitet derzeit an seiner „Gesammelten Prosa“ mit dem Titel „Zwischenergebnis“.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2018)

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