Unzureichendes Für-wahr-Halten

Die fadenscheinigen, unhaltbaren und grotesken Ansichten von Janko Ferk zum Konflikt zwischen dem Vatikan und Kärnten.

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Ich stelle mir vor, wie seltsam es anmutet, empört auf eine Empörung zu antworten, wenngleich es wohl die bevorzugte Art der Kommunikation in unserer Zeit ist. Darum beschreite ich den altmodischen Weg, den des Arguments, das meiner Ansicht nach immer stärker ist als die persönliche Meinung.

In seinem Gastkommentar über den Vatikan und Kärnten (5. Juli) echauffierte sich Janko Ferk über so manches: die Aussagen des neuen Nuntius von Wien, die Berufung des Militärbischofs Werner Freistetter zum apostolischen Administrator in der Diözese Gurk-Klagenfurt („was ich schlicht und einfach für eine Geschmacklosigkeit halte, die mit dem Begriff Defensor fidei wohl nicht das Geringste zu tun hat“) und die Aufstellung des Kärntner Caritas-Direktors Josef Marketz zum Bischofskandidaten mit der Begründung: „Jeder halbwegs politisch gebildete Zeitgenosse weiß, dass ein Slowene, wiewohl ein absolut österreichischer Staatsbürger, in Kärnten nichts werden darf, auch nicht in der ach so gerechten Kirche.“

Gekrönt wird diese Aneinanderreihung von Hören-Sagen-Meinen durch die anklagende Überschrift „Wie der Vatikan Kärnten für dumm verkauft“, womit nichts gesagt, aber vieles angedeutet wird, ohne es jedoch in der Folge zu begründen, außer eben mit der Überzeugung: „Das ist meine Meinung, und damit habe ich recht!“ Worauf ich gleich mit Immanuel Kant entgegnen möchte: „Meinen ist ein mit Bewusstsein sowohl subjektiv als auch objektiv unzureichendes Für-wahr-Halten.“

Zählt nur die eigene Meinung?

Denn: Man kann den Äußerungen des Wiener Nuntius, Pedro López Quintana, zwar zustimmen oder nicht, jedoch nicht alles abtun mit der Begründung, man wäre nicht seiner Meinung, weil letztlich die eigene Meinung eine andere (unterstellte) Meinung nicht aufheben kann, sondern bestenfalls eine zusätzliche Perspektive auf die Frage, das Problem oder die strittige Situation eröffnet. Dazu sagte etwa Johann Wolfgang von Goethe treffend: „Gegner glauben uns zu widerlegen, wenn sie ihre Meinung wiederholen und auf unsrige nicht achten.“

Versöhnliche Worte überhört

Noch fadenscheiniger und unhaltbarer ist die Ablehnung von Bischof Freistetter mit der nachgeschobenen Information, man hätte ja Zivildienst geleistet, weil man Jesus Christus in der Gewaltlosigkeit zum Vorbild hat, „weshalb mich das Militärische am Bischof, der im Kärnten nach dem Rechten sehen soll, mehr als irritiert“. Dies vor allem dann, wenn man die versöhnlichen Worte in der ersten Pressekonferenz und die gar nicht soldatische Stellungnahme des neuen Administrators von Kärnten angesichts seiner Berufung berücksichtigt: „Ich werde dieser Aufgabe, die große Sensibilität erfordert, mit aller gebotenen Sorgfalt nachkommen.“

Völlig grotesk ist hingegen die Meinung, wenn auch das Gegenteil nicht garantiert werden kann, dass ein Kandidat mit slowenischen Wurzeln niemals Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt werden wird, weil ja grundsätzlich ein Slowene „in Kärnten nichts werden darf, auch nicht in der ach so gerechten Kirche“.

Allzu gern möchte ich hören, wie Janko Ferk dann die Karriere von Josef Marketz in der katholischen Kirche Kärnten erklärt. Der ist nicht nur Direktor der Kärntner Caritas, sondern war auch Bischofsvikar und hat zudem mehrere Ämter und Funktionen inne. Wie auch immer – wie heißt es doch frei nach Oscar Wilde: „Eine öffentliche Meinung gibt es nur dort, wo Ideen fehlen.“

Martin Kolozs (geboren 1978) ist freier Schriftsteller und christlicher Philosoph. Sein jüngstes Buch: „Über Mut – Gedanken und Reflexionen“ (Tyrolia Verlag, Innsbruck)

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2019)

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