Hunde machen glücklich – aber bei Weitem nicht alle

Die Hundeliebe in Österreich hat mitunter auch sehr schmerzhafte Folgen.

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Drei Artikel in der „Presse“ zum Thema Hunde aus den Monaten Juli und August – ein Quergeschrieben vom 24. Juli („Alles fürs Klima: Keine Babys, keine Hunde, keine Katzen“), ein Artikel über „Wien, die Stadt der Hunde“ (9. 8.) und ein Bericht „Beißattacke im Tierheim: Hund eingeschläfert“ (13. 8.) – boten Erstaunliches. Einige Details (in umgekehrter Reihenfolge):

Zwei Mitarbeiterinnen eines Tierschutzvereins werden von einem American Staffordshire Terrier – einer Rasse, die ursprünglich für professionelle Hundekämpfe gezüchtet wurde – beinahe zerfleischt. Das Tier wird eingeschläfert – aber erst, nachdem eine Ethikkommission (bestehend aus zwei Medizinern, Vorstandsmitgliedern des Vereins, Pflegern und Hundetrainern) zusammengetreten ist! Geht's noch?

Auch der Wien-Artikel enthält Bemerkenswertes: In den vergangenen fünf Jahren ist die Anzahl der Hunde in Österreich um 14 Prozent gestiegen (auf fast 700.000, laut Österreichischem Kynologenverband, dessen Schätzung auch die nicht gemeldeten Tiere berücksichtigen), im Verhältnis noch stärker in Wien. Hier wird sogar ein Kurs „Erste Hilfe am Hund“ angeboten – von der Erstversorgung bis zur „Reanimation des Hundes“ (per Mund-zu-Maul-Beatmung?). Von einer Erstversorgung von Menschen nach Bissattacken ist nicht die Rede.

Tritt in Hundekot

Nun aber zum eingangs zitierten „Quergeschrieben“, dessen Autor sich über den Artikel einer Berliner Kollegin erregt, die ihrerseits nach einem Tritt in Hundekot ihrem Ärger über die Begleiterscheinungen großstädtischer Hundehaltung mit scharfen Worten Luft gemacht hatte. Das durfte sie nicht, dekretiert der Autor, denn: „Hunde machen glücklich!“

Leider brauchen immer mehr Hundebesitzer heutzutage schon zwei oder mehr Hunde, um diese Glücksgefühle bei sich auslösen zu können. Weiter steht in dem Artikel: „Man erfährt einiges über Gesellschaft und Kulturen, wenn man sieht, wie mit Hunden umgegangen wird.“ Allerdings erfährt man auch einiges, wenn man sieht, wie allzu viele Hundehalter mit der Gesellschaft umgehen.

Hundebiss oder Prügel?

Dazu ein Griff ins volle Menschenleben am Beispiel eines Badesees im Salzkammergut mit mehrfach deutlich plakatiertem Hundeverbot: Hunde rennen auf den Liegeflächen herum und werden von den Besitzern zwischen badenden Kindern ins Wasser getrieben. Zoonosen? Noch nie gehört, und wenn doch – ist eh wurscht!

Körperliche Gefährdung von Kindern? Aber geh – unser Hund beißt doch nicht! Ein junger Vater mit Kind im Krabbelalter macht einen Hundehalter höflich auf das Hundeverbot aufmerksam. Dieser, offenbar ein Sohn der Bundeshauptstadt, repliziert nur: „Heast Gscheada, wannst dös net aushoitst, geh in a Freibad!“

Ein Fehler, wie sich zeigt, obwohl es immerhin der Freundin imponiert hat. Denn nun regt sich der Volkszorn, auch wenn davor niemand aufbegehren wollte. Man weiß ja schließlich nie, ob postwendend nicht nur eine Frechheit, sondern sogar ein Gewaltakt folgt: Biss oder Prügel oder beides, je nach Größe von Herrl und Hund. Ganz nach dem Muster „Läufer mit Faustschlag niedergestreckt“ (Juni 2019) – nachdem der Jogger sich erfrecht hatte, auf die Leinenpflicht aufmerksam zu machen.

In diesem Geist endet auch das besagte „Quergeschrieben“ mit einem Aufruf zur Gewalt. Der Autor rät nämlich dem „Hundefreund“: „Fährst du nach Berlin, vergiss den ,Kackebeutel‘ nicht! Aber voll und schwer muss er sein, damit er das Ziel nicht verfehlt.“

Mag.phil. Karl Steinkogler, (*1945 in Gmunden) ist pensionierter AHS-Lehrerfür Deutsch und Englisch.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2019)

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