Zwangsehe, Rosenkrieg – und eine Scheidung?

Angst vor Verlust von PfründenDer Bundeskanzler als Provokateur, 28.Februar
Die von keiner Seite gewollte Zwangsehe der Großen Koalition ist gescheitert. Der Heiratsmann Heinz Fischer hätte wissen müssen, dass zwei ideologisch so gegensätzliche Brautleute in Zeiten ohne Not und äußeren Zwang einfach nicht miteinander können und zur Vermeidung von Korruption auch nicht miteinander regieren sollten. Neuwahlen sind jedoch keine Lösung, desgleichen eine allenfalls vom Scheidungsrichter Heinz Fischer erwirkte Minderheitsregierung nach einem spektakulären Rosenkrieg.

Die Große Koalition könnte dessen ungeachtet sogar noch eine gute Nachrede haben und positiv in die Geschichte eingehen, wenn sie eine einzige Entscheidung träfe: Beschluss eines klaren uneingeschränkten Mehrheitswahlrechts mit voller Verantwortung des Mandatars seinen Wählern gegenüber, sofortiger Rücktritt, um dem wahren Souverän, dem Volke, die Entscheidung zu überlassen. Dazu mangelt es offensichtlich an Demokratieverständnis oder an Willen zur Demokratie. Boshafte vermeinen, es wäre einfach nur Angst vor dem Verlust von Pfründen.

Dr. Johann Georg Schachner

1170 Wien

Koalition beim EheberaterDie Bevölkerung hat den ewigen Streit satt und will auch keine Neuwahlen. Der Tenor lautet: „Rot und Schwarz sollen endlich arbeiten und sich zusammenraufen.“ Stimmt! Andererseits schauen wir uns doch die grundsätzlichen Positionen von SPÖ und ÖVP an. Unter diesem Blickwinkel kommen mir die Koalitionsparteien wie ein Ehepaar vor, bei dem sich der eine Partner Kinder wünscht, der andere aber nicht. Und der Eheberater sagt: „Na, sie werden doch einen Kompromiss finden?“

Dr. Gerhard Hammerer
1060 Wien

Es muss nicht Streiten seinIch frage mich, warum die Kommentatoren des ORF und die Zeitungen die Koalition unbedingt sprengen wollen. Wenn die beiden Parteien unterschiedlicher Meinung sich bemühen, zu vernünftigen Lösungen zu kommen, muss das nicht immer Streiten sein. Muss Österreich schlechter gemacht werden, als es ist? Der wirklich relevante Punkt ist die Steuerreform. Möglichst bald Entlastung, keine neuen Schulden. Deshalb brauchen wir Neuwahlen, die viel Geld kosten?

Dr. Hermann Tockner
1220 Wien

Auch Fischer verantwortlichSehr geehrter Herr Bundespräsident! Die Entwicklung der letzten Zeit hat deutlich gezeigt, dass diese Regierung fast ausschließlich damit beschäftigt ist, selbstkonstruierte Skandale aufzuarbeiten, anstatt für Österreich eine produktive Leistung zu erbringen, für die sie eigentlich gewählt wurde und auch bezahlt wird.

Als Wähler fordere ich Sie auf, sehr geehrter Herr Bundespräsident, als Staatsbürger ersuche ich Sie, diesem Treiben ein Ende zu setzen und sich mit der Absetzung/Auflösung auseinanderzusetzen.

Mit anderen Worten: Feuern Sie diesen verlogenen und möglicherweise korrupten Haufen! Es geht nicht an, dass wir gleitend von „Vor-Wahl-Lügen“ in eine „Nach-Wahl-Wadlbeißerei“ übergehen, nur damit ein paar „Schein-Macher“ gut dastehen.

Die derzeitigen Regierungs-/Parteienvertreter geben sich bösartig, präpotent oder uninformiert – und das alles auf Kosten der Wähler/innen.

Ich meine, diese Koalitionsregierung wurde gewählt, um gemeinsam für Österreich zu arbeiten, und nicht, um sich gegenseitig auf Kosten der Staatsbürger/innen zu beflegeln oder zu bespitzeln bzw. laufend Scheintatbestände zu konstruieren, nur um den Koalitionspartner „anzupatzen“.

Ich will Ihnen nicht verschweigen, dass ich auch Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, durch Ihr Stillschweigen/Ihre Nichtreaktion (außer mahnenden Worten) mitverantwortlich sehe.

In der Hoffnung auf eine Erledigung, in welcher Form auch immer, Ihr

Dir. i. R Günther Aubrecht
1120 Wien

Schmollend in der EckeWieder einmal sind wir soweit in Österreich: Neuwahlen. Oder schon wieder wählen. Doch was sollen wir als mündige Wähler denn in Zukunft wählen?

Schwarz-Blau ist untergegangen im Zwist, ebenso wie Schwarz-Orange, und jetzt auch noch Schwarz-Rot? Wo soll das hinführen? Wir als Wähler haben klar den Auftrag an die Vertreter beider Parteien gegeben, unser Land in die Zukunft zu führen. Sie wurden gewählt, um den weltpolitischen Herausforderungen, die auf uns zukommen, gerecht zu werden, im Sinne des Volkes Probleme zu lösen. Es gibt so viele offene Fragen, die geklärt werden müssen.

Was sagt mir als Wähler der derzeitige Zwist in der Politik? Offensichtlich sind schwarze und rote Politiker weder in der Lage noch willens, unser Land zu führen. Anstatt die Herausforderung anzunehmen, stürzen sich beide Parteien lieber in einen neuen Wahlkampf, als ihre vollmundigen Versprechungen aus dem vorherigen Wahlkampf zu erfüllen. Die Studiengebühren gibt es noch, der Eurofighter fliegt bereits, mehr oder weniger. Womit wollen sich Gusenbauer und Co. im kommenden Wahlkampf brüsten, vollbracht zu haben, im Sinne des Volkes von Österreich? Wieso habe ich sie gewählt – damit sie streiten und schmollend in der Ecke stehen? In den letzten Jahren haben wir das schon so oft gesehen und gehört. Koalitionsbruch, Streit, Neuwahlen, Parteienspaltung, Personalrochaden.

Ich für meinen Teil bin es endgültig leid zu wählen. Die derzeitige Politik ist ein Armutszeugnis der hoch bezahlten Vertreter. Dessen sollte sich die hohe Politik bewusst sein, dass sie für Österreich, für dich und mich, da sein sollte, und nicht nur, um sich ihre Macht gegenseitig zu zeigen.

Aaron Leufen

4020 Linz

Über eigene Beine stolpernWarum bloß meint die ÖVP, das Vorziehen der Steuerreform verhindern zu müssen? Um sich nachher leichter als Buhmann hinstellen zu lassen? Der SPÖ-Vorschlag sollte mit Freuden unterstützt werden. Allerdings mit der Aufforderung, gleichzeitig bekannt zu geben, wo die eingesparten Milliarden herkommen sollen. Denn nur mit Steuererhöhungen, wie von vielen in der SPÖ ventiliert, wird dieses Ziel wohl nicht zu erreichen sein. Und dann kam noch eine zweite, völlig unverständliche Meldung: 50 Euro als Inflationsausgleich könne man sich vorstellen. Da wurde der Gusi-Hunderter richtigerweise abgelehnt und als opportunistisch gebrandmarkt – und jetzt das? Wenn eine Einmalzahlung nicht zielführend sein kann, gilt für ein halbiertes Angebot wohl das Gegenteil! Wenn die ÖVP schon stolpert, dann am liebsten über die eigenen Beine.

Reinhard Kaske
1130 Wien

Markovics als Gusenbauer?Im Zusammenhang mit der Steuerreform hat Bundeskanzler Dr. Gusenbauer ohne Wissen von Finanzminister Dr. Molterer dessen Briefpapier für eine Aussendung verwendet, deren Inhalt dem Vizekanzler nicht bekannt war, obwohl er als Unterfertiger angeführt war. Das wäre doch ein passendes Sujet für Stefan Ruzowitzky, den „Fälscher II“ zu drehen, wobei uns es aber erspart bleiben sollte, den Hauptdarsteller Karl Markovics als Dr. Gusenbauer sehen zu müssen. Das hat er sich wirklich nicht verdient.

Herbert Gruber
3500 Krems

ÖVP gehört in die Opposition„Der Anfang vom Ende des schwarz-roten Systems“, Leitartikel, von Michael Prüller, 27. Februar
Ursprünglich ein vehementer Gegner eines Mehrheitswahlrechtes muss ich in Anbetracht der jüngsten politischen Entwicklungen meine Meinung revidieren und Ihren Äußerungen vollinhaltlich zustimmen. Ein Mehrheitswahlrecht ist die einzige Möglichkeit, die ÖVP dorthin zu bringen, wo sie eine Legislaturperiode lang hingehört, nämlich in die Opposition, wo sie die Chance hat, wieder eine staatstragende Partei zu werden. Einer konservativen Partei kann man nicht vorwerfen, konservativ zu sein, umso mehr als Österreich ein prinzipiell konservatives Land ist und eine derartige Partei braucht. Die ÖVP ist seit Schüssel aber nicht im positiven Sinne konservativ, sondern machtberauscht bis zum Machtmissbrauch, stellt ohne Rücksicht auf Verluste das eigene Wohl und das Wohl ihrer Klientel über das Staatswohl und ist vor allem absolut teamunfähig, was ihre unterschiedlichen Regierungspartner welcher Partei auch immer weitgehend hilflos hinnehmen mussten und müssen.

Eine Partei, deren namhafte Vertreter einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss als „Polittheater“ desavouieren, beweist zudem ein derartiges demokratisches Unverständnis, dass sie in einer Regierung nichts verloren hat.

Dr. Wolfgang Reisinger
1140 Wien

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2008)

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