Wem kann man noch trauen?

Unter den Votivkirchen-Besetzern waren offenbar Schlepper. Und nun?

Asyl bedeutet Schutz vor Gefahr und Verfolgung. Gewährt wird dieser Schutz jenen, die berechtigte Furcht haben müssen, in ihrer Heimat Verfolgung wegen ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt zu sein. Menschen diesen Schutz zu gewähren, gebietet nicht nur Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern sollte in einem sicheren Staat wie Österreich selbstverständlich sein. Dass nicht jeder Mensch, der um Asyl ansucht, tatsächlich Anspruch darauf hat, muss aber auch klar sein. Wirtschaftliche Not oder Armut sind im internationalen Asylrecht jedenfalls keine Fluchtgründe.

Wenn nun auch noch einzelne Asylwerber unter Verdacht stehen, Mitglieder eines kriminellen Netzwerks zu sein, stellt sich vor allem eine Frage: Soll man Asylwerbern grundsätzlich mit Ver- oder Misstrauen begegnen?

Die platte Argumentation angesichts der jüngsten Wendung im Fall der Votivkirchen-Besetzer, dass es ohnehin immer nur um Asylbetrug gehe, greift jedenfalls zu kurz. Ja, es gibt Menschen, die das System ausnützen. Aber nein, das bedeutet nicht, dass man das Netz nun für alle noch engmaschiger machen muss. Denn es gibt sie tatsächlich – die Menschen, die Asyl wirklich brauchen.

erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2013)

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