Ägypten erlebt eine Konterrevolution. Die Freilassung Mubaraks ist ein Symbol dafür.
So ein Zufall auch: Kaum ist der islamistische Präsident Mohammed Mursi gestürzt und inhaftiert, sollen sich für Hosni Mubarak die Gefängnistore öffnen. Das Kairoer Strafgericht, das die Freilassung des langjährigen Diktators angeordnet hatte, bewies einen eigentümlich aufklärerischen Sinn für brachiale Symbolik.
Sollte Mubarak demnächst tatsächlich fröhlich aus der Haft spazieren, müsste auch den naivsten Zeitgenossen am Nil klar sein, was es spielt. Im Gang ist nicht die Vollendung der Revolution von 2011, wie Armeechef al-Sisi nach Mursis Absetzung treuherzig beteuert hat, sondern eine Konterrevolution. Die Generäle wollen das alte autoritäre System restaurieren und die Muslimbrüder wieder ins terroristische Eck stoßen. Demokratie war gestern; jetzt regiert wieder die harte Hand, härter noch als vor zwei Jahren. Doch die Uhr lässt sich nicht so leicht zurückdrehen, ein Drittel des ägyptischen Volks nicht so einfach ausgrenzen.
Die Muslimbrüder haben sich als unfähig erwiesen, das Land zu regieren. Sie waren nicht imstande, einen gesellschaftlichen Konsens herbeizuführen. Statt Säkulare und Kopten einzubinden, wollten sie ihre islamistische Agenda durchpeitschen. Doch bei aller Kritik: Sie waren demokratisch legitimiert, und deswegen lassen sie sich jetzt auch nicht lautlos an den Rand drängen. General al-Sisi wird gute Berater brauchen, wenn er Ägypten wieder zur Ruhe bringen will. Vielleicht bietet sich Mubarak als Konsulent an.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2013)