Polizei steckt im Info-Krieg der Halbwahrheiten

Kennzeichnungspflicht für Beamte würde Probleme verschlimmern.

In Zeiten öffentlicher Dauerempörung hätte es ein Besucher aus dem entfernteren Ausland schwer, sich in Wien ein objektives Lagebild zu machen.

Beim Konsum von Facebook, Twitter und mancher Zeitung entsteht leicht der Eindruck, dass die Bürger der Stadt unter dem Joch einer autoritären Polizei stehen. Deren Beamte Schwangere verprügeln, rechte Jugendorganisationen hofieren und linke Vereine unterdrücken. Immerhin soll der Polizeichef höchstselbst als Pubertierender den Säbel einer Burschenschaft geführt haben.

Wenngleich noch nicht alle Vorwürfe aufgeklärt werden konnten: Die spektakulärsten davon sind erfunden (siehe Bericht rechts). Aber wer will das schon hören? Und wer fragt Tage später danach, ob man diesen oder jenen Polizisten zu Unrecht vom gesetzlich bestimmten Moderator zum Täter machte? Die Antwort: niemand.

Nach diesem Kalkül funktioniert der Infokrieg von links. Irgendetwas wird schon hängen bleiben. Der Vorschlag des grünen Abgeordneten Albert Steinhauser, Polizisten bei solchen Einsätzen künftig mit einer Art Kennzeichen zu versehen, spielen dieser Strategie nur in die Hände. Die Folge wäre eine lähmende Flut von behaupteten Übergriffen, denn das Ablesen einer Nummer aus der Ferne verleitet zur Denunziation. Wer sich über Polizisten beschweren will, hat heute schon das Recht, die Dienstnummer zu bekommen. Das muss reichen.

andreas.wetz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kaum Polizei bei Demo gegen "Polizeigewalt"
Wien

Kaum Polizei bei Demo gegen "Polizeigewalt"

Wenige hundert Teilnehmer hatten sich beim Museumsquartier friedlich versammelt, der Adressat des Protests war fast zur Gänze ferngeblieben.
Demo der Identitären für Europa am Samstag
Wien

Identitäre wollen Häupl anzeigen

Der Wiener Bürgermeister hatte die rechte Bewegung als "neofaschistische Organisation" bezeichnet. Die Identitären prüfen nun eine Anzeige wegen Verleumdung.
Bild vom vergangenen Samstag: Die Polizei zwischen linken und rechten Demosntranten
Wien

Links-Aktivisten kündigen weitere Aktionen an

Die "Offensive gegen rechts" will nun "gegen massive Polizeigewalt" auf die Straße gehen. Keine Selbstkritik gibt es im Zusammenhang mit dem Gerücht um eine angebliche Fehlgeburt.
Archivbild: Bürgermeister Michael Häupl
Wien

Häupl: "Die Identitären gehören verboten"

Für Wiens Bürgermeister sind die Identitären eine "neofaschistische Organisation, die klar unter das Verbotsgesetz fällt". An der Eskalation der Anti-Identitären-Demo sieht er "keine einseitige Schuld" der Polizei.
DEMO, Polizei
Österreich

Überwachung: Der Polizist als Kameramann?

Nach den eskalierten Demos vom Wochenende sind Kameras an Polizeiuniformen in Diskussion. US-Tests brachten bereits positive Ergebnisse, rechtlich ist die Sache aber heikel.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.