Niemand stellt Serbien ein Ultimatum

Premier Vučić sieht sich von Feinden umgeben.

Es war eine der spektakulärsten Wandlungen seit Paulus: Als Serbiens jetziger Premier, Aleksandar Vučić, 2008 die Radikale Partei verließ, wurde der einstige Wadenbeißer des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Vojislav Šešelj zum scheinbar paktfähigen, verbindlichen Pro-Europäer, der mit harter Arbeit sein Land in die EU führen will. Seine einstigen Irrwege hat er eingestanden, und vor seinem Sprung an die Regierungsspitze im April wurde er unter europäischen Vorschusslorbeeren förmlich begraben.

Nun ist mit einem Mal das Make-up abgeblättert. Es reichte, dass die OSZE besorgt über den Zustand der Pressefreiheit ist. Vučić forderte erst eine Entschuldigung der OSZE, mittlerweile wirft er ihr „Lügen“ vor und spricht – er steht im Inland auch wegen anderer Punkte in der Kritik – von einer internationalen Verschwörung. In seiner Überreaktion scheint er sich selbst, die Serben, den Staat in eins zu setzen. Man sei zwar ein kleines Land, werde sich aber dem Druck nicht beugen.

Herr Premier, wir sind nicht im Jahr 1914. Niemand stellt Serbien ein Ultimatum. Niemand will Ihrem Land, dem von Ihnen gern zitierten „serbischen Volk“ (den Minderheiten auch nicht, sollten Sie diese vergessen haben), etwas Böses, es gibt keine internationale Verschwörung – im Gegenteil. Die Weichen sind auf den EU-Beitritt Ihres Landes gestellt. Also machen Sie es doch Serbiens Fürsprechern nicht unnötig schwer. Dass alles nur Fassade war, wollen wir ja nicht glauben.

helmar.dumbs@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2014)

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