Was treibt das Wachstum wirklich an?

Die Politik muss jetzt viele kleine Motivationsschritte setzen – und zwar rasch.

Für den jährlichen Wirtschaftsbericht der Regierung hat das Wirtschaftsministerium die Chefökonomen der Wirtschaftsforschungsinstitute, der Banken und der Sozialpartner zu ihrer Einschätzung der größten Wachstumstreiber im Land befragt. Zur Auswahl standen Exporte, Ausrüstungsinvestitionen, Bauinvestitionen sowie private und öffentliche Konsumausgaben.

Die befragten Ökonomen haben brav mit „sehr wichtig“, „eher wichtig“ oder „eher unwichtig“ bewertet. Bis auf einen. Ulrich Schuh von Eco Austria hatte für alle diese Wachstumstreiber nur eine Klassifizierung parat: „komplett irrelevant“. Schuhs Wachstumstreiber finden sich unter „Sonstiges“: produktivitätsorientierte Lohnpolitik, flexibler Arbeitsmarkt, motivierte Arbeitnehmer und Unternehmer, stabile politische Rahmenbedingungen.

Genau das ist es: Mehr Investitionen und höhere Konsumausgaben sind nicht Wachstumstreiber per se, sondern das Ergebnis des Wachstumstreibers „motivierte Arbeitnehmer und Arbeitgeber“. Wer in Hau-drauf-Stimmung ist, weil er sich bürokratisch gegängelt fühlt, der investiert nicht. Und wer sich Sorgen um seine Zukunft macht, weil die Arbeitsmarktmisere nur verwaltet statt bekämpft wird, der lässt sich von der schönsten Steuerreform nicht zu mehr Konsum verleiten.

Genau hier muss die Regierung ansetzen. Das gestern präsentierte Start-up-Paket ist einmal ein guter Anfang, aber jetzt muss es Schlag auf Schlag gehen. Jetzt müssen viele kleine Schritte her, die Unternehmern und Arbeitnehmern das Gefühl geben, dass der Staat ihre persönlichen Sorgen ernst nimmt und dass es für sie persönlich bald wieder aufwärtsgehen könnte.

Die großen anstehenden Reformen sind wichtig und müssen parallel natürlich angestoßen werden. Aber kurzfristig profitieren Unternehmer und Arbeitnehmer weniger von der Zusammenlegung der Krankenkassen oder der Entwirrung der föderalen Kompetenzen. Sondern von arbeitsplatzschaffender gesteigerter Investitionslust. Wenn hier ein Schub gelingt, dann gehen auch die großen Reformen leichter von der Hand.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2016)

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