Rot-Grün spielt Vogel Strauß mit der Unesco.
Man kann darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, ganze Stadtteile zum Weltkulturerbe zu erklären. Ex-Planungsstadtrat Rudolf Schicker hat das vor Jahren zur Debatte gestellt. Und warum auch nicht?
Ein Weltkulturerbe ist nicht sakrosankt. Städte entscheiden sich dafür, sie können sich auch wieder dagegen entscheiden. Bewusst und gut begründet. In Wien kann davon aber leider keine Rede sein. Obwohl die Unesco seit Jahren deutlich macht, dass auf A später B folgt, tut Rot-Grün so, als könnte man sich über lästige Vertragsdetails in gemütlicher Runde später schon einig werden. Dabei weiß man es selbst besser. Oder ist es Zufall, dass die heikle Entscheidung eine Woche vor der Stichwahl verschoben und eine Woche nach der Bundespräsidentenwahl dann präsentiert wurde?
Apropos semi-mutig: Hätte Wien eine mutige Stadtplanung, wäre der Wegfall des Weltkulturerbes mehr eine Geschmacksfrage. So aber wurde das Prädikat oft ersatzweise als Planungsinstrument ge- und missbraucht. War ja auch bequem: Nicht wir, die hehre Unesco will es so. Wenn dieses Argument wegfällt, wird man künftig eigene haben müssen. Denn in Zeiten, in denen die Stadt und damit Begehrlichkeiten wachsen, ist mangelnder Mut bei der Stadtgestaltung keine Stilfrage. Sondern ein Risiko.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2016)