Glosse

Santo padre, weshalb so gnadenlos?

Der Applaus auf dem sonnenverwöhnten Petersplatz wird den Mann in Weiß nicht überrascht haben.

Papst Franziskus hat am Mittwoch bei seiner rituellen Generalaudienz vor Tausenden Enthusiasmierten wieder gesprochen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist (© Christoph Schönborn). Offenbar provoziert von Meldungen über Entlassungen bei Sky Italia flehte er wohl nicht allzu zahlreich versammelte Manager an: „Tut alles in eurer Macht Stehende, damit jeder Arbeit finden kann.“ Gleichzeitig kritisierte er jene, die Menschen Arbeit entziehen, sie zerstörten „die Würde der Betroffenen“. Und es kam noch dicker: Wer Menschen Arbeit wegnehme, „begeht eine schwere Sünde“, erklärte der Papst. Das wiegt in dieser apodiktischen, generalisierenden Weise schwer. Ob da der Katechismus umgeschrieben werden muss? Und: Santo padre, wo bleibt die sonst so gelobte Barmherzigkeit, diesfalls eben mit Wirtschaftstreibenden?

Denn, auch wenn es die Theologie nicht lehrt, dass es in einer nicht idealen Welt selten eine Garantie auf einen Arbeitsplatz gibt, sollte nicht neu sein. Gibt man sie doch, kann es zuweilen passieren, dass ein ganzes Unternehmen an die Wand fährt, dass alle Arbeitsplätze verloren gehen. Man nennt das – die katholische Kirche soll zuweilen Probleme mit dem Begriff haben – Marktwirtschaft.

Zuletzt hat Franziskus selbst – streng genommen natürlich eine No-na-Aussage – in einem Interview betont, er sei fehlbar. Quod erat demonstrandum.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2017)

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