Obama und die Angst vor dem Staat

Mit seinen sozialdemokratischen Anflügen hat der US-Präsident die Republikaner wachgeküsst.

Das Leben ist ungerecht, auch für Menschen mit messianischem Status. Wenn jemand für den Ausbruch der Finanzkrise verantwortlich war, dann sicher nicht Barack Obama, sondern sein Vorgänger. Bush war zudem schon in guten Zeiten das Kunststück gelungen, einen Budgetüberschuss mit zwei Kriegen und Steuersenkungen in einen Schuldenberg zu verwandeln. Obama setzte noch mal ein paar hundert Milliarden Dollar drauf. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als mit der großen Finanzspritze zu kommen. Sonst hätte sich die Rezession zur Depression ausgewachsen.

Trotzdem steht nun Obama, nicht Bush als Schuldenmacher da. Die Republikaner haben ihr Thema gefunden: den Kampf gegen die Ausweitung des Staates. Das liegt seit Reagan in ihrer DNA, das spricht die US-Bevölkerung an.

In seiner Rede zur Lage der Nation lieferte Obama weitere Steilvorlagen: Sein Versprechen etwa, mit Infrastrukturprojekten Jobs zu schaffen, ist Ausdruck eines Staatsinterventionismus, der in Europa gut ankommt, nicht aber in Amerika. Der gescheiterten Gesundheitsreform hat die Opposition ohnehin schon einen sozialistischen Hautgout verpasst.

Für Obama wird es nicht leichter. Die Niederlage in Massachusetts war erst der Anfang, tragisch dürfte es erst bei den Midterm-Elections werden. Obama hat es verabsäumt, die große demokratische Mehrheit im Kongress für schnelle Erfolge zu nützen. Das rächt sich, Amerika erlebt einen republikanischen Backlash. (S. 5)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2010)

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