Der letzte Kreuzritter

Terror in Wien: Wer hat den Mut zu Massenabschiebungen?

Vorläufig schiebt der Innenminister vor allem diejenigen ab, derer er am leichtesten habhaft wird – etwa am Arbeitsplatz.

Soeben hat Österreich seinen ersten islamistischen Terroranschlag erlebt. Mein Landsmann Mohamed, Gott sei seiner Seele gnädig, stach vor der iranischen Residenz auf einen Soldaten ein. Trotz offener Fragen lässt sich sagen, dass Mohamed ein im Nahen Osten verbreitetes Terrormuster nachgebildet hat: Hass von Sunniten auf Schiiten oder Sufis. Mohamed hatte in der Garde gedient. Ich weiß seither, dass unser Bundesheer das Pflegen von Salafistenbärten in Kasernen erlaubt.

Die zwei Messerstecher der Woche haben dem ORF das große Anschluss-Gedenken versaut. Zuerst sprengte Arik Brauer eine Talkshow, indem er plötzlich als Jude gegen die muslimische Zuwanderung auftrat: „Wenn mich einer umbringen will, dann sicher nicht einer dieser Fechter.“ Und gleich darauf das. Der ORF hielt den Anschlag klein, die „Zeit im Bild“ setzte ihn ans Ende, orf.at ließ ihn phasenweise ganz verschwinden. Das konnte auch vernünftige Gründe haben, solche Taten stiften Nachahmer an.

Gewiss haben wir fast überhaupt keine Terroristen im Land. Kein Terrorist war der afghanische Asylant, der in Wien seine weggelaufene Schwester erstach, oder der 2015 eingereiste Kleindealer, der in Wien eine Familie niederstach. Rief doch der Afghane beim Zustechen nicht: „Allahu akbar!“ Gewiss ist die große Mehrheit unserer 35.000 Afghanen unbescholten; „nur“ 16,8 Prozent von ihnen wurden 2016 als „ermittelte Tatverdächtige“ ausgeforscht.

Was soll ich sagen, ich warte ungeduldig auf die versprochenen Abschiebungen. Innenminister Herbert Kickl klagt, dass er „mit Widerständen zu kämpfen“ habe. Das glaube ich ihm. Vorläufig schiebt er halt gern diejenigen ab, derer er am leichtesten habhaft wird – etwa pflichtbewusst am Arbeitsplatz anzutreffende Leute. Also oft diejenigen, die humanitäres Bleiberecht verdienen.

Wem beim Blick auf die Zahlen nicht das Herz stehen bleibt, der hat keines. Laut EU-Kommission liegt die „rate of effective return“ abgelehnter Asylwerber in außereuropäische Länder bei 27 Prozent. In der Statistik des österreichischen Innenministeriums findet sich unter „Aufenthaltsbeendigende Entscheidungen“ der Vermerk „Nicht dokumentierte Außerlandesbringung“. Seit dem Jahr 2000 sind das jährlich um die 10.000 Personen. Dazu kommen die vielen Zehntausenden, die seit 2015 kein Asyl oder subsidiären Schutz erhalten haben. Das ergibt eine sechsstellige Zahl von Illegalen. Wo sind diese Menschen?

Wenn die Regierung auch nur einen Teil der Illegalen abschieben wollte, so hieße das: Massendeportationen. Es würde bedeuten: europäische Rechtskriege, Tausende Razzien, gewalttätige Gegenwehr, scheußliche Bilder im ORF. Es könnte Ausschreitungen geben, noch mehr Anschläge, Tote. Die öffentliche Sicherheit wäre gefährdet. Ich will meine Landsleute nicht kränken, doch sehe ich niemanden, der dazu die Eier hätte.

Ich erwarte daher, dass sich die Regierung fügt. Die Justiz macht es vor: Das tschetschenisch dominierte IS-Trio, das eine St. Pöltner Polizeistation in die Luft blasen wollte, kam mit Haftstrafen von 26, sechs und fünf Monaten davon. Dieser Tage sagte mein Bäcker zu mir: „Ich frage mich, ob ich meinen Kindern raten soll, lieber keine Kinder in die Welt zu setzen. Die islamistische Übernahme lässt sich nicht aufhalten.“ Ich widersprach: „Das muss sich doch aufhalten lassen!“ Er schüttelte traurig den Kopf.

Martin Leidenfrost, Autor und Europareporter, lebt und arbeitet mit Familie
im Burgenland.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2018)

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