Glosse

Nüchtern betrachtet

Ist es eine gute Idee, die Polizei zu rufen, weil einer auf der Straße ein Bier trinkt? Natürlich nicht. Generelle Alkoholverbote im öffentlichen Raum sind eine lächerliche Vorstellung.

Aber ums Generelle geht es nicht, sondern um einen speziellen Ort, der nicht in den Griff zu kriegen ist. Dass am Praterstern nach dem Scheitern anderer Vorschläge (Beschränkung des Alkoholverkaufs) ein Alkoholverbot getestet wird, ist ein logischer Schritt. Immerhin geht es um Essentielles für Wien: Öffentliche Plätze gehören allen. Es ist inakzeptabel, dass sich ein Teil der Bevölkerung an einem zentralen Ort unwohl fühlt. Das Verbot eines Konfliktkatalysators könnte – das zeigen Beispiele aus Österreich – die Lage entschärfen. Allerdings muss man das Verbot nüchtern betrachten. Es ist kein Allheilmittel. Es heilt weder Alkoholkranke noch lösen sie sich in Luft auf (eher tauchen sie im Prater wieder auf). Und natürlich ist all das kein Zufall: Der SPÖ stehen schwierige Wahlen ins Haus, der „Problemstern“ ist für ÖVP und FPÖ ein aufgelegter Elfer. Der neue Bürgermeister will mit roter Sicherheitspolitik gegenhalten. Für die braucht es aber mehr als symbolträchtige Einzelmaßnahmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2018)

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