Dass die Bestellung eines neuen EU-Kommissionspräsidenten schwierig wird, war klar.
Dass die Bestellung eines neuen EU-Kommissionspräsidenten schwierig wird, war klar. Es geht ja nicht nur um einen Job. Es geht auch um eine Balance zwischen vielen Interessen und Stimmungslagen in der Europäischen Union.
Die große Gefahr ist eine sich weiter öffnende Kluft zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten – zwischen West und Ost. Mehrfach wurde in Brüssel überlegt, eine geheime Abstimmung zum Juncker-Nachfolger durchzuführen. Denn für den von Frankreich, Deutschland, Spanien und den Niederlanden unterstützten Kandidaten Frans Timmermans zeichnete sich bereits eine knappe Mehrheit ab. Doch schließlich warnte Deutschlands Kanzlerin Merkel vor „unüberbrückbaren Spannungen“, sollte das gegen einen breiten Willen von Warschau bis Budapest geschehen.
Feige, werden die einen kritisieren, verlogen, die anderen. Aber die EU braucht tatsächlich eines noch dringender als einen neuen Kommissionspräsidenten: Konsensfähigkeit. Will diese Gemeinschaft wieder handlungsfähig werden, ist das Aufeinander-Zugehen unerlässlich – mit Empathie aus dem Westen und Abschied von der Opferrolle im Osten. Die Vertagung allein wird das nicht bringen – aber sie ist ein Signal der gegenseitigen Rücksichtnahme.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2019)