Österreichs Bischöfe versammeln sich am Montag. Sie wollen (endlich) strengere Regeln im Kampf gegen sexuelle Gewalt absegnen.
Von Johannes Paul II. wird erzählt, er habe sich in seinen besten Zeiten über die Ergebnisse wichtiger Fußballspiele selbst während Messfeiern mit einem diskret zugesteckten Zettel informieren lassen. Von den österreichischen Bischöfen ist Derartiges nicht überliefert. Sie sitzen von heute, Montag, bis Mittwoch in Mariazell. Dass nebenher der Fernseher läuft, gilt als extrem unwahrscheinlich. Zu ernst ist auch das Thema der Konferenz – die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Um dennoch einen Bezug zum scheinbar alles beherrschenden Fußball in Zeiten der Weltmeisterschaft herzustellen: Die Bischöfe müssen den Ball, der auf dem Elfmeterpunkt liegt, jetzt auch einnetzen. Soll heißen: Sie müssen das umfangreiche „Regiebuch“, mit dem sexuelle Gewalt durch Priester, Ordensleute, Erzieher, Gruppenleiter verhindert oder verfolgt werden soll, jetzt ohne Abstriche beschließen und dann vor allem ohne Kompromisse umsetzen.
Denn das ist eine der Lehren der Causa Groër: In den 1990er-Jahren wurden Ombudsstellen geschaffen. Nur gab es weder für Ausstattung noch für Vorgehen im Verdachtsfall Standards. So sehr die Reaktionen der Bischöfe, angeführt von Kardinal Schönborn, auf das Bekanntwerden hunderter Fälle Vorbildcharakter haben, so sehr müssen sie, wenn das öffentliche Interesse eingeschlafen ist, ihre Anstrengungen fortsetzen. Alles andere käme – um von der Fußballer- endlich in die Kirchenterminologie zu wechseln – wohl einer Todsünde gleich.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2010)