Leitartikel: Adieu, Gabi Burgstaller!

Österreichs ewige Nachwuchshoffnung erlischt. Burgstaller war das Gegenteil einer blind-braven Parteipolitikerin, aber leider eine blind-typische Landespolitikerin.

Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist also Geschichte. Entweder sie verliert am Sonntag den Posten an Wilfried Haslauer oder – so doch noch ein Wunder geschieht und sie Platz eins hält – tritt während der Legislaturperiode zurück. Das sagte sie dem „Format“, das diese Ankündigung laut Burgstaller verkürzt wiedergegeben haben soll. Dabei ist dieser Rückzug nicht überraschend, ursprünglich wollte Burgstaller doch gar nicht antreten.

Die Landeshauptfrau hat ihr politisches Vermächtnis bereits verspielt. Das ist nicht klein gewesen: Da ist eine Sozialdemokratin angetreten, die den Bürgern auf Augenhöhe begegnet und die ihrem Instinkt und nicht blind der Parteilinie gefolgt ist. Das machte ihr in den Machtzentren Österreichs, im Wiener Kanzleramt, vor allem aber im Wiener Rathaus und im Landhaus zu St. Pölten viel Feind, unter Intellektuellen und Journalisten viel Ehr. In ihrem Bundesland brach sie mit überholten Traditionen, legte sich mit der mächtigen – schwarz dominierten – Beamtenschaft an und vollzog Reform bei Pensionen und Entgelten, die etwa im Wiener Magistrat undenkbar wären. Ihre Personalpolitik war hart, aber vom Grundsatz des persönlichen Vertrauens geprägt. Nicht die Zugehörigkeit zu einer Seilschaft oder Organisation war ausschlaggebend, sondern das persönliche Vertrauen. So wurde der junge David Brenner sehr groß. In der Wiener Parteizentrale wurde er dankbar als neuer Name für Personalspekulationen aufgenommen. Doch genau da lag dann der Fehler im System Burgstaller: In der hübschen schönen politischen Welt durften Brenner und die talentierte Mitarbeiterin Monika Rathgeber machen, was sie wollen. Und die Beamtin wollte viel: der großen Finanzwelt vom kleinen Salzburg aus zeigen, was ein echter Swap ist. Brenner und vor allem Burgstaller kannten den nicht so genau. Sie hätten es wissen müssen, doch sie schauten lieber weg. Nichts sollte die neue Politik der Landeshauptfrau stören. Die ÖVP-Landespolitiker machten beim bösen Spiel mit und ließen sie fröhlich gewähren.

Burgstaller rechtfertigte sich anfangs mit Theatertränen, als dies nicht half, mit entlarvender Ehrlichkeit: Sie habe sich nicht um alles kümmern, nicht jedes Detail kennen können. Milliardenspiele seien demnach auch ohne Wissen und Deckung eines Landeschefs möglich? Burgstaller sagt Ja. Ob sie damit die Wahrheit gesagt oder gelogen hat: Man weiß nicht, was schlimmer ist.

Bis zuletzt hatten die Sozialdemokraten an der Salzach und wohl auch an der Donau auf den Bank-Burgenland-Bawag-Effekt gehofft: Dass also der größte anzunehmende Finanzskandal in einem Land nicht der amtierenden beziehungsweise hauptverantwortlichen Partei schade, sondern dem Herausforderer: Sowohl die Bundes-SPÖ als auch ihre burgenländischen Genossen errangen trotz ihrer Bankskandale Erfolge. Dies und die breite Mehrheit der Wiener medialen Innenpolitikszene, deren Prophezeiungen in Kärnten und Tirol übrigens auch danebenlagen – Gerhard Dörfler schaffe es noch einmal knapp, Günther Platter stürze katastrophal ab, sagen den Sieg Burgstallers voraus. Die Vernunft und wohl auch die Salzburger helfen – ohne ihn freilich zu stärken – dem solide wirkenden Haslauer ins Amt. Geht er mit der SPÖ noch einmal eine Koalition ein, hilft dies sicher bei der diskreten Aufarbeitung des unfassbaren Skandals. Eine politisch schwache Liaison mit den am Sonntag sicher gestärkten Grünen wäre da viel schwieriger. Weder Frank Stronachs Statthalterpartei, die sich wohl wieder zurückmelden wird, noch Karl Schnell, dem die Salzburger auch nicht so zujubeln, wie es Heinz-Christian Strache gern hätte, wären die idealen Partner für eine Zusammenarbeit nach dem finanzpolitischen Tag X.

Gabi Burgstaller wurde von euphorisch-hysterischen Medien schon als erste SPÖ-Chefin und Kanzlerin der Republik gesehen. Mit diesem Wochenende ist die Ära der fröhlich-charismatischen Landespolitikerin auf jeden Fall zu Ende. Die Zukunft gehört wohl solide-grauen Verwaltungspolitikern. Vielleicht einer wie Haslauer.

Im Bund erleben wir dieses Phänomen schon seit einiger Zeit.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2013)

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