Hochwasser nicht schuld an der Budgetkatastrophe

Nicht zwei Jahrhunderthochwasser in nur elf Jahren, sondern die unzähligen Dammbrüche in der Politik lassen den Bundeshaushalt außer Kontrolle geraten.

Es wird genug Geld da sein, hat Bundeskanzler Faymann den Opfern der Hochwasserkatastrophe versprochen. Und jeder, der die Bilder der vergangenen Tage vor Augen hat, hofft wohl, dass dieses Versprechen auch eingehalten wird. Natürlich werden da hunderte Millionen an Steuergeldern notwendig sein. Und selbst wenn es mehr als eine Milliarde Euro sein wird. Alles kann man nicht ersetzen. Und das große Leid, das tausenden Österreicher dieser Tage widerfahren ist, kann ohnehin keine Summe der Welt ungeschehen machen.

Und trotzdem zeigt uns das Jahrhunderthochwasser nicht nur, wie reich dieses Land an Hilfsbereitschaft und Solidarität ist, sondern auch, wie reich an politischen und wirtschaftlichen Katastrophen. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die Flut einen Schaden von insgesamt 2,2 Mrd. Euro verursacht hat. Das sind erste, zugegeben mit großer Vorsicht zu genießende Zahlen. Aber es sind Zahlen, die Dimensionen sehr drastisch begreifbar machen. Denn 2,5 Milliarden Euro muss Finanzministerin Maria Fekter vermutlich allein heuer für die Hypo Alpe Adria flüssigmachen.

Zur Erinnerung: Das ist diese kleine Bank in Kärnten mit dem großen Hinterhof auf dem Balkan. Und dieses angeblich so systemrelevante Institut könnte den Steuerzahler am Ende insgesamt mehr kosten als drei Jahrhunderthochwasser zusammen. Und wenn man die notverstaatlichte Kommunalkredit und die marode Volksbank dazunimmt, dann kommt noch eine vierte Jahrhundertflut dazu.


In Tagen wie diesen bekommt man auf äußerst dramatische Art und Weise vor Augen geführt, wie viel Geld in diesem Land verbraten wird. Eigentlich ein Wunder, dass all diese Katastrophen nicht schon längst das Budget gesprengt haben, könnte man meinen. Leider gibt es Wunder nur selten, und Budgetwunder überhaupt nicht. Das Budget ist nämlich schon längst aus allen Fugen geraten. Nur vor der Nationalratswahl übt sich die Politik, allen voran die Finanzministerin, in Realitätsverweigerung.

Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass die Finanztransaktionssteuer vermutlich gar nicht kommen wird. Bestenfalls als Marginalsteuer. Keinesfalls wird sie 500 Millionen ins Budget 2014 einzahlen, wie Fekter veranschlagt hat. Und wie reagiert man im Finanzministerium? „Wir rechnen damit, dass die Steuern in geplantem Ausmaß fließen werden.“ Und genauso „rechnet“ man das Steuerabkommen mit der Schweiz. Da wurde eine ganze Milliarde budgetiert, als wäre das Budget ein Wunschkonzert. Da wurden Steuereinnahmen großzügig veranschlagt, obwohl keiner auch nur annähernd sagen kann, ob sie tatsächlich kommen werden. Auch hier droht dem Budget der Maria Fekter ein Finanzdesaster in Höhe eines Jahrhunderthochwassers. Das wäre dann die fünfte Flut.

Die Hochwasserkatastrophe konnte niemand vorhersehen. All die anderen Finanzkatastrophen kamen nicht ganz aus heiterem Himmel. Auch wenn viele Wähler – nicht nur in Kärnten – einst dem Wahlkampfslogan „Wahltag ist Zahltag“ falsch interpretiert haben. Mittlerweile ist sonnenklar, für wen „Zahltag“ ist. Nicht für die Banken. Es heißt zwar Bankenabgabe, aber zahlen werden die Kunden und jene Bankmitarbeiter, die im Zuge der Sparmaßnahmen ihren Job verlieren.


Der Zahltag kommt nach dem Wahltag. Und es ist zu befürchten, dass die zusätzlichen Belastungen allesamt unter dem Deckmäntelchen „Jahrhunderthochwasser“ auf die Steuerzahler in diesem Land zukommen werden. Schon gestern hat Landwirtschaftsminister Berlakovich mit bekannt brillanter Wortwahl erklärt, dass er seine Bauern „nicht im Regen stehen“ lässt. So funktioniert Politik. Da sind die Pegelstände noch nicht einmal überall im Lande gesunken, und es wird schon tatkräftig Geld verteilt.

Nein, es sind nicht die zwei Jahrhunderthochwasser innerhalb von elf Jahren, die dieses Land in finanzielle Turbulenzen bringen. Es sind die politischen Dammbrüche, die den Pegelstand der Staatsverschuldung und Steuerlast in traurige Rekordhöhen treiben.

E-Mails an: gerhard.hofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2013)

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