Mehr Pomp für Heinz Fischer?

Ein Kind für ein Königreich – und gleich die ganze Welt. Warum auch überzeugte Republikaner die monarchische Staatsform noch immer nicht ganz kaltlässt.

Vom einstigen Weltreich blieb nicht viel: eine dem europäischen Kontinent vorgelagerte Insel im Atlantik, ein Teil der gleich nebenan liegenden, versprengte, kleinere Territorien wie Gibraltar oder die Falkland-Inseln andernorts, und eine lose Verbindung mit über den Commonwealth assoziierten Staaten. Und dennoch gilt die Herrscherfamilie des Vereinigten Königreichs weltweit als die Herrscherfamilie schlechthin. Wobei nicht einmal restlos geklärt ist, wie sie überhaupt heißt. Während alle Welt über den Vornamen des kleinen Thronfolgers rätselt, ist auch dessen Nachname nicht so klar. Mountbatton-Windsor? Oder doch Wales – wie es auf der Uniform seines Vaters steht?

Allein der Umstand, dass sich Menschen, die sich sonst eher nicht mit der Lektüre des „Goldenen Blattes“ oder der „Frau im Spiegel“ die Zeit vertreiben, darüber Gedanken machen – der Nachnamenfrage widmete sich etwa „Die Welt“ –, zeigt, dass es ein Bedürfnis gibt, Teil solch eines grundsätzlich privaten Ereignisses zu sein. Zumindest via Medien.

Die Gründe dafür, dass sich Menschen Königshochzeiten oder Krönungen ansehen – Geburten werden noch nicht live übertragen –, scheinen naheliegend und wurden vielfach beschrieben: Sie reichen von der Sehnsucht nach einer heilen Welt bis zum schlichten Wunsch nach Unterhaltung. Selbst erlebt man dann ja doch nicht so viel.

Allerdings hat das Ganze auch eine politische Komponente. Selbst überzeugte Republikaner (Namen der Redaktion vielfach bekannt), die in vergangenen Jahrhunderten noch den Kopf des Alleinherrschers von Gottes Gnaden gefordert hätten – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes –, sehen dem royalen Rummel heute entspannt zu. Und schämen sich nicht einmal dafür.

Einerseits fällt dies leicht, weil der europäische Monarch keine reale Macht mehr hat, er mehr oder weniger auf eine Repräsentationsfigur reduziert wurde. Die Monarchie stellt nur noch die, ein wenig abgehobene, erste Familie des Landes. Sie kann ein Vorbild sein – allerdings auch ein abschreckendes. Da deren Leben so öffentlich wie möglich ist, kann jeder Bürger sie ständig mit seinem eigenen vergleichen. Und sich mitunter im wohligen Gefühl sonnen, dass es die da oben auch nicht besser haben.

Andererseits – und das berührt jetzt mehr die politische Seite – findet auch der Republikaner Gefallen am Pomp, an der Inszenierung, den Ritualen, der Symbolik. Denn die Demokratie in ihrer republikanischen Form kommt zumeist eher nüchtern, zu nüchtern daher.

Wobei es auch da Unterschiede gibt. Die Franzosen, die ihren König als eine der Ersten losgeworden sind, legten auch in ihren Republiken, so auch noch heute, großen Wert auf repräsentative Symbolik. Auf der anderen Seite der Skala, am unteren Ende, rangiert die EU mit ihren grauen Zweckbauten in Brüssel. Immerhin hat man sich zu einer gemeinsamen Fahne und Hymne durchringen können.

Die Republik Österreich liegt irgendwo in der Mitte, tendenziell allerdings doch eher Richtung Frankreich hin orientiert. Die Republik Österreich hat in ihrem Pragmatismus einfach die alten Möbel aus der Monarchie übernommen. Noch heute residiert das Staatsoberhaupt in der Hofburg, dort, wo früher die Habsburger-Kaiser regiert haben. Trotz aller blutigen Auseinandersetzungen in der Zwischenkriegszeit wurde hier eine gewisse historische Kontinuität gewahrt.


Die Republik hat die Wirkungsstätten der Monarchie vollständig be- und ersetzt. Kaum jemand, außer die Schwarz-Gelbe Allianz, käme heute noch auf die Idee, diese wieder einführen zu wollen.

Und doch werden wir dann manchmal schwach: Wenn wir die Bilder aus dem Vereinigten Königreich sehen, die vielen Fähnchen, die glücklichen Gesichter, die von Menschenmassen gesäumten historischen Bauten – und nicht zuletzt die vertraute Royal Family. Wäre das nicht auch etwas für uns?

Wir haben uns aus guten Gründen für einen anderen Weg entschieden. Schauen wir also, aus sicherer Distanz, entspannt den Briten zu. Und denken uns bei der nächsten politischen Neiddebatte: Die repräsentative Demokratie – im doppelten Wortsinn – darf auch etwas kosten.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2013)

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