Reden wir doch über die Geheimdienste

Herr Klug mag es gern geheimnisvoll: Bisher hat er zur Kooperation mit der NSA nichts bis wenig gesagt. Sein Nachrichtendienst werkt überhaupt fern jedweder Kontrolle. Das scheint keinen zu stören.

Gerhard Klug ist ein verschlossener Mensch. Während die halbe Welt über die NSA-Praktiken, über Überwachung und die Eilfertigkeit anderer Nachrichtendienste, mit den USA zu kooperieren, spricht, schweigt die steirische SPÖ-Kurzzeithoffnung im Amt des Verteidigungsministers. Dabei hätte er doch viel zu erzählen. Klug müsste inzwischen intern recherchiert haben, wie eng das Heeresnachrichtenamt (HNA) mit den Kollegen aus Übersee kooperiert. Er müsste die dazugehörigen Verträge studiert haben. Er müsste genau wissen, wo die HNA-Mitarbeiter horchen und wen sie ausspähen. Und vor allem: wer diese eigentlich kontrolliert.

Diese Zeitung wollte zu diesem Thema ein langes Interview mit dem Minister führen, Klug lehnte wieder ab. Dass die Öffentlichkeit endlich gern wüsste, was da passiert, und unter Umständen auch ein Recht darauf hat, informiert zu werden, prallt als Argument ab. Da liefert er lieber ein paar PR-Fotos, praktisch im kleinen Boulevardformat. Damit ist er nicht allein in der Regierung, auch alle anderen schweigen.

Immerhin: Ende des Monats sollen Klug und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor den neuen Nationalrat treten und erstmals seit Bekanntwerden der Affäre eine echte Erklärung zu den Vorwürfen wegen der NSA abgeben. Bis jetzt wurde in der Heimat des Amtsgeheimnisses dazu nur abgeblockt und geschwiegen. Eine echte Debatte über die Aufstellung der österreichischen Nachrichtendienste wird überhaupt nicht geführt. Nur zur Erinnerung: Das kleine neutrale Österreich kann auf gleich drei Dienste stolz sein. Im Verteidigungsministerium ressortieren HNA und Heeresabwehramt, das zum Schutz militärischer Einrichtungen notwendig sein soll, da Bundesheer, Militärpolizei und die normale Polizei das allein offenbar nicht schaffen. Und dann gibt es da noch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT), das dem Innenministerium unterstellt ist und im Gegensatz zum HNA quasi den Inlandsgeheimdienst gibt. Der größte und demokratiepolitisch wichtigste Unterschied ist aber: Während das HNA de facto ohne jede politische Kontrolle macht, was der jeweilige Chef und manchmal auch der Minister wollen, muss der oberste Verfassungsschützer einem parlamentarischen Unterausschuss – geheim, aber doch – Auskunft geben. Die HNA-Aktivitäten bleiben dieser Kontrolle entzogen. Dass es in der SPÖ Stimmen gibt, die nach deutschem Vorbild fordern, den Verfassungsschutz dem Kanzleramt zu unterstellen, mag machtpolitisch verständlich sein, ist aber etwas schräg: Viel wichtiger wäre es, den Heeresdienst ins 21.Jahrhundert zu befördern und unter parlamentarische Kontrolle zu stellen.

Aber vielleicht könnten im Zuge einer Strukturreform ein paar Fragen geklärt werden: Braucht Österreich wirklich drei Nachrichtendienste? Müssen die Auslandsaktivitäten von Agenten eines Klein- und Nicht-Nato-Staats wirklich unter militärischer statt ziviler Kontrolle sein? Das HNA hat unbestritten historische Verdienste – etwa die Beobachtung der Balkankriegsparteien. Im 21.Jahrhundert punktet er aber offenbar als heimischer Partner der NSA; das widerspricht eben jener Neutralität, die zu schützen Aufgabe des Heeres ist. Klingt nach Aufklärungs- und Reformbedarf.

Am Samstag vermeldete das „Profil“ eine neue skurrile Wendung: Das BVT, also das Innenressort, hat Anzeige gegen unbekannt erstattet. Vorwurf: Verdacht auf nachrichtendienstliche Tätigkeit zum Nachteil der Republik – also eben potenzielle NSA-Aktionen in Österreich. Und damit sind wir wieder beim Kooperationspartner der NSA, dem Heeresnachrichtenamt. Verkürzt gesagt zeigt also ein Ressort das andere an. Es wird spannend zu beobachten, wen die Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen betraut.

Willkommen in Österreich, dem kleinen Land mit den vielen Geheimdiensten, die proporzmäßig aufgeteilt werden und sich gegenseitig beschäftigen, wenn sie nicht gerade dem US-Dienst zuliefern. Geld ist ja genug da.



rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2013)

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