Der Wiener Flughafen und unser „AKH 2“

Eine Fast-Pleite der AUA und ein Bauskandal: In Wien-Schwechat hat die öffentliche Hand ganze Arbeit geleistet.

Während in Brüssel noch eifrig über die Übernahme der Austrian Airlines durch die Lufthansa verhandelt wird, bittet der Flughafen Wien in der österreichischen Bundeshauptstadt zu einer überraschend einberufenen Pressekonferenz. Thema: Die Errichtung des neuen Terminals „Skylink“ wird nach knapp vier Jahren Bauzeit kurzerhand eingestellt. Warum das? Nun ja, dem Auftraggeber sind die Kosten ein wenig „davongelaufen“. Statt veranschlagter 400 Millionen Euro wird das schmucke Ding deutlich mehr als 800 Millionen Euro verschlingen.

In Wien-Schwechat hat die öffentliche Hand in kurzer Zeit ein kleines Milliardengrab ausgehoben: Nachdem die vom Staat kontrollierte AUA an den Rand der Pleite pilotiert wurde, steht nun der von den Ländern Wien und Niederösterreich dominierte Flughafen mit dem Rücken zur Wand.

Geradezu beklemmend ist, wie die Länder den offensichtlichen Bauskandal abzuwickeln gedenken. Wenn Medienvertretern des ORF untersagt wird, bei einer öffentlichen Pressekonferenz ein Tonband mitlaufen zu lassen, dann weht ein Hauch von Pjöngjang durch das Pressefoyer. Spätestens jetzt sollte sich die Republik fragen, was die von den Politbüros gelenkten Manager denn keinesfalls auf Band dokumentiert haben wollen? Zumal der Flughafen Wien als börsenotiertes Unternehmen seinen Aktionären in erhöhtem Maße Rechenschaft schuldig wäre.

Vielleicht ist es an der Zeit, der Flughafen-Führung zu erklären, dass es noch lange nicht dasselbe ist, wenn zwei das Gleiche tun. So steht es einem privaten Eigentümer frei, ein paar hundert Millionen Euro in ein Bauprojekt zu versenken – tun das aber bestens bezahlte Angestellte mit dem Geld ihrer Arbeitgeber, dann ist das weniger toll.

Womöglich haben die beiden öffentlichen Aktionäre in Wien und Niederösterreich kein gesteigertes Interesse daran, mehr über die Vorgänge rund um die Errichtung des Skylink zu erfahren. Die privaten Aktionäre würden aber bestimmt gern mehr darüber wissen, wie sich Baukosten innerhalb weniger Jahre mehr als verdoppeln können. Zudem wäre es auch interessant zu erfahren, warum der Flughafen Wien für die Abwicklung eines derartigen Riesenprojekts keinen Generalunternehmer mit ausreichender Bonität engagiert, sondern sich selbst für den allerbesten Bauherrn gehalten hat.

Weiters drängt sich die Frage auf, ob mit dem etwas überraschenden Ausscheiden des früheren Finanzvorstands Christian Domany tatsächlich die Verantwortung für das Desaster in Sachen Skylink geklärt wäre. Was wissen die beiden anderen Flughafen-Vorstände, Herbert Kaufmann und Gerhard Schmid, beziehungsweise was hätten sie seit Jahren wissen müssen? Oder gilt neuerdings die im Aktienrecht verankerte Kollegialverantwortung des gesamten Vorstands nicht mehr? Und wie kommt es, dass der Vertrag des auf einem SPÖ-Ticket sitzenden Flughafen-Chefs Kaufmann im Februar 2009 um fünf Jahre verlängert wurde?

Fragen über Fragen, die nicht nur dringend nach Antworten, sondern vor allem einmal nach dem Rechnungshof rufen. Der würde auch sehr gerne prüfen, ist sich aber nicht sicher, ob er das überhaupt darf. Schließlich hält die öffentliche Hand über die Länder Wien und Niederösterreich ja „nur“ 40 Prozent am Flughafen und damit nicht die Mehrheit. Der Rechnungshof dürfte im konkreten Fall erst tätig werden, wenn klar wäre, dass die großen Minderheitsaktionäre das Unternehmen de facto steuern.


Am Ende ist es ja eine Verkettung unglücklicher Umstände, dass alle drei Vorstände politisch ausgerechnet jenen beiden Parteien zuzuordnen sind, die auch in Wien und Niederösterreich das Sagen haben (zwei Vorstände haben ein SPÖ-, einer ein ÖVP-Ticket). Vielleicht ist die nicht ganz unpolitische Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat aber auch ein starker Hinweis auf die Richtigkeit der an dieser Stelle vertretenen These, wonach die Geschicke des Flughafens eindeutig von der öffentlichen Hand gelenkt werden. Sollte es noch Zweifel geben, könnte ja gefragt werden, welche beiden Großaktionäre bei den letzten Hauptversammlungen die Mehrheit der anwesenden Kapitalvertreter gestellt haben.

Wie auch immer. Sollten die beiden Großaktionäre Interesse daran haben, dass sich der Bau des Skylink nicht zu einem „AKH 2“ auswächst, dann wären schön langsam Offenheit und Transparenz angesagt. Auch, wenn das durchaus schmerzhaft sein kann. Vor allem für jene beiden Parteien, die mit dem Flughafen offiziell ja so etwas von gar nichts am Hut haben.


franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2009)

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