Es ist Glück im Unglück, dass Trump nicht früher ans Ruder kam

Donald Trump
Donald TrumpREUTERS
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Die US-Wirtschaft steht wieder robust da. Die geballte Macht der Republikaner könnte für sie einiges bewegen. Aber diese Wette ist hochriskant.

Fast auf den Tag vor acht Jahren hielt Barack Obama seine erste Rede vor beiden Kammern des Kongresses. Mitten in der schwersten Krise, als jeden Monat in Amerika 700.000 Jobs verloren gingen. Aber in wenigen Wochen hatte die neue US-Regierung eine Reihe von Gesetzen durchs Parlament gebracht, die vermutlich mithalfen, eine zweite Große Depression abzuwenden. Und als Obama die Amerikaner darauf einschwor, den Scherbenhaufen der Finanzkrise aufzukehren, hatte er das Gros des Volkes hinter sich.

Donald Trump klagt zwar, er hätte von seinem Vorgänger ein „Schlamassel“ übernommen. Aber tatsächlich müsste er sich für die Starthilfe bedanken: Die US-Wirtschaft steht gesundet da, es herrscht fast Vollbeschäftigung. Dennoch sind Trumps Zustimmungswerte für einen frisch Gewählten historisch niedrig. Seine Dekrete und Twitter-Tiraden sorgen weltweit für Angst und Empörung. Dabei täuscht der derbe Aktionismus Handlungsstärke nur vor. Von fertigen Gesetzen ist diese Administration noch weit entfernt. Der erste Budgetentwurf und die erste Trump-Rede vor den Volksvertretern sollen nun für mehr Substanz sorgen. Aber selbst vielen Republikanern ist nicht wohl dabei: Was hat der kleine Beraterzirkel im Weißen Haus diesmal ausgeheckt?

Freilich: Es gibt da einen positiven Superlativ, der nicht ins Bild passt. Die US-Aktienkurse sind gleich nach der Wahl in die Höhe gesaust, so steil wie noch nie bei einem Machtwechsel, und sie steigen weiter. Zumindest die Investoren setzen also große Erwartungen in den Immobilientycoon. Und man sage nicht: Das sind eben die obersten 0,1 Prozent, die aus Vorfreude über sinkende Steuern für Superreiche ihre ganz private Party feiern. Das wäre ein ähnlich schlimmer Gendankenfehler wie jener Trumps, der die Globalisierung für ein Schlachtfeld und ein Nullsummenspiel hält: Entweder gewinnen wir oder die anderen. Wie der freie Handel eröffnen auch bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen für alle neue Potenziale, durch weniger Bürokratie und weniger Steuern (die US-Unternehmenssteuern sind die höchsten der Welt).

Nur die Nachfrage mit niedrigen Zinsen zu stimulieren greift ohnehin nicht mehr. Die langjährige Blockade im Kongress hat sich gelöst, die Republikaner könnten durchregieren. Die riskante Wette der Märkte aber ist: Sie trauen dem rüpelhaften Businessman an der Spitze zu, dass er auch wirklich liefert.


Wonach es nicht aussieht. Die Wall Street wieder von der Fessel zu lassen ist nicht einmal vordergründig „smart“: Dass die Regulierung die US-Banken zu einer viel stärkeren Eigenkapitalbasis gezwungen hat, hat ihren Vorsprung ausgebaut. An Krediten mangelt es nicht, und die Risken zu forcieren könnte zu einer gefährlichen Überhitzung führen. Um das „riesige“ Infrastrukturprogramm ist es rasch still geworden. Die Republikaner im Kongress fürchten zu Recht höhere Staatsschulden. Auch die finanzielle Sanierung des chronisch ineffizienten Gesundheitssystems wird auf die lange Bank geschoben. Bleibt die „phänomenale“ Steuerreform, die Trump für ungefähr jetzt versprochen hat. Sein Finanzminister musste jüngst korrigieren: Sie wird wohl bis Jahresende brauchen. Erfordert sie doch viel Kunstfertigkeit: Die US-Konzerne sollen ihre ins Ausland verfrachteten Gewinne heimführen und in neue Jobs vor Ort investieren, was dann auch rentabel sein muss. Schon George W. Bush scheiterte daran kläglich. Dekretieren lässt es sich kaum. Und Twitter-Drohungen helfen da auch nicht weiter.

Was im Budgetentwurf bleibt? Immerhin halbwegs realistische Annahmen fürs Wirtschaftswachstum: 2,4 statt der vier Prozent, die Trump im Wahlkampf großspurig versprochen hat. Aber auch die krude Vorstellung, Einnahmen aus einer Importsteuer könnten höhere Militärausgaben finanzieren – ohne zu kalkulieren, wie sich Amerika mit Zollschranken ins eigene Fleisch schneidet.

Was die Investoren nicht bedenken: Als Aktionäre dürfen sie ruhig riskant auf einen neuen Chef setzen. Schlimmstenfalls können sie ihn bei der nächsten Hauptversammlung zum Teufel jagen. Die amerikanischen Wähler haben diese Chance erst wieder in vier Jahren.

E-Mails an:karl.gaulhofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2017)

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