Leitartikel

Warum Donald Trump die UNO klein macht und nicht groß

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Der US-Präsident hat die UNO als ein Forum entdeckt, das er nutzt, wenn es seinen Interessen dient. Allem anderen erteilte er in New York eine Absage.

Make the United Nations great“, macht die Vereinten Nationen groß – so hat US-Präsident Donald Trump seine Hauptbotschaft für die UN-Generalversammlung in New York in dieser Woche definiert. Das klingt schön und reichlich versöhnlich für einen Mann, der die Weltorganisation vor nicht allzu langer Zeit als einen „Club von Schwätzern, die eine gute Zeit haben wollen“ beschimpft hatte. Dahinter verbirgt sich aber vor allem eines: eine drastische Schlankheitskur, die der America-First-Präsident der Weltorganisation verordnen will. „Wegen Bürokratie und Misswirtschaft hat die UNO ihr volles Potenzial nicht erreicht“, donnerte Trump dann auch zum Auftakt der Woche, noch vor seiner großen Rede vor den Staats- und Regierungschefs.

In einem Punkt hat Trump vollkommen recht: Es gibt bei der UNO sicherlich vieles, das man besser machen könnte. Da ist er sich sogar mit UN-Generalsekretär António Guterres einig. Eine bessere Arbeitsteilung der verschiedenen UN-Organisationen in den Einsatzländern könnte die Arbeit insgesamt effektiver machen. Friedensmissionen sollten, einmal eröffnet, nicht automatisch zu einer kostspieligen Dauer-Institution werden, ohne dass ihr Auftrag jemals wieder hinterfragt wird. Es ist heuchlerisch, wenn in Gremien wie dem UN-Menschenrechtsrat Staaten sitzen, die die Menschenrechte selbst mit Füßen treten. Eine Stellenbesetzung darf im Schnitt nicht über 200 Tage dauern. Und klar, es gibt kaum einen gigantischen Beamtenapparat ohne Einsparungspotenziale, das ist nicht nur bei der UNO so.

Insofern kann Trump den Vereinten Nationen sogar eine Hilfe sein: Wenn sein Drängen Guterres den nötigen Rückenwind verschafft, Reformen auch gegen Widerstände durchzusetzen und die Weltorganisation letztlich effizienter zu machen.

Die Hauptmotivation Trumps ist freilich nicht, die UNO groß zu machen, sondern vor allem die Kosten für Washington zu reduzieren. Weil er einen Pflichtbeitrag von 22 Prozent zum regulären UN-Budget und die US-Beiträge für Friedensmissionen als zu hoch empfindet. Nur: Die Kriterien sind nicht „unfair“, wie er sagt, sondern von den USA so ausgehandelt worden. Und obwohl Trumps UN-Botschafterin Nikki Haley Anfang der Woche versicherte, man werde sich in der Reformfrage „mit nichts weniger zufriedengeben als einem kompletten Konsens“, hat das Weiße Haus längst begonnen, vollendete Tatsachen zu schaffen. Dass das Budget für die Friedensmissionen bereits um rund 600 Millionen Dollar reduziert wurde, ist vor allem den USA zu verdanken. Und die Trump-Administration hat Kürzungen für eine ganze Reihe von UN-Organisationen angekündigt.


Ohnehin verdeckt die Spardiskussion eines: Die wahre Krise der UNO ist politisch. Das liegt auch an ihrer Machtstruktur mit den fünf Veto-Mächten im Sicherheitsrat, neben den USA also Frankreich, Großbritannien und die notorischen Neinsager Russland und China. Alle halten einträchtig an ihrem Privileg fest, sich gegenseitig zu blockieren. Der Sicherheitsrat ist ein Gremium, das die Machtverhältnisse vor mehr als 70 Jahren widerspiegelt. Jeder weiß, dass eine solche Reform viel wichtiger wäre, um die Vereinten Nationen „groß“ zu machen. Aber das ist utopisch.

Stattdessen hat Trump die UNO als ein Forum entdeckt, das er nutzen kann, wenn es seinen Interessen dient. Nordkorea ist so ein Beispiel – eine Krise, in der dieser US-Präsident (verbal) munter Öl ins Feuer gießt. In anderen Fällen scheint sich der starke Mann im Weißen Haus nicht davor zu scheuen, bereits abgeflaute Krisen neu aufleben zu lassen. Trumps düstere Drohungen vor der Generalversammlung an die Adresse Teherans lassen Schlimmstes für die Zukunft des Atomabkommens befürchten. Den mühsam erreichten Klimapakt hat er ohnehin aufgekündigt.

Konsequenterweise hat der US-Präsident in seiner Rede am Dienstag dann auch nicht für eine starke Weltorganisation plädiert, sondern die Souveränität und Unabhängigkeit der Mitgliedsländer betont. Und: „Der Nationalstaat ist das beste Instrument, um das Leben der Völker zu verbessern.“ Deutlicher kann man eine Absage an die Vereinten Nationen nicht formulieren.

E-Mails an:julia.raabe@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2017)

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