Leitartikel

Was Österreich von Donald Trump lernen kann

Die USA wollen die Erbschaftssteuer abschaffen, in Österreich dagegen bestrafen wir Menschen, die es zu ein bisschen Geld gebracht haben.

Es ist ein interessanter Zufall: Donald Trump stellt also in den USA seine großen Steuerreformpläne vor, die als einen zentralen Punkt die Abschaffung der Erbschaftssteuer beinhalten. Und in Österreich fordern zwei Parteien vehement die Einführung ebendieser Steuer: SPÖ und Grüne.

Es ist deswegen interessant, weil die Erbschaftssteuer eine in den USA seit Jahrzehnten praktizierte und allgemein akzeptierte Steuer ist. Es entspricht dem amerikanischen Verständnis, dass man durch harte Arbeit reich werden soll, nicht durch Zufall. John Stuart Mill und John Maynard Keynes waren große Befürworter einer Erbschaftssteuer, weil sie im Profitstreben und dem damit verbundenen Arbeitsethos die eigentliche Kraft des Kapitalismus sahen.

Es wäre also grundsätzlich nichts gegen eine solche Steuer auch in Österreich einzuwenden. Es soll ja nicht vom Glück der Geburt abhängen, ob man es im Leben zu Wohlstand bringt. Allerdings gibt es einen ganz wesentlichen Unterschied zu den USA: In den Vereinigten Staaten gibt man Menschen mit einem geringen Lohn- bzw. Einkommensteuersatz die Möglichkeit, auch tatsächlich ein Vermögen anzuhäufen. In Österreich weniger.

Der Höchststeuersatz in den USA liegt aktuell bei 39,6 Prozent, in Österreich sind es 55 Prozent. Die Erbschaftssteuer in den USA greift zudem erst ab 5,49 Millionen Dollar, pro Jahr trifft sie deshalb laut Joint Committee on Taxation gerade einmal 0,2 Prozent aller Erbschaften. In Österreich haben wir dagegen bereits jetzt eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, die schon ab 250.000 Euro greift. Man hat sie im Zuge der Steuerreform eingeführt und ihr den unverbindlichen Namen Grunderwerbsteuer gegeben. Sie gilt für alle Immobilien, die innerhalb der Familie vererbt oder verschenkt werden.

Als kleines Beispiel: Vererbt jemand eine Wohnung im Wert von 700.000 Euro – und dieser Preis ist bei den steigenden Immobilienpreisen mittlerweile schnell erreicht –, zahlen seine Erben dafür 14.750 Euro an Steuern. Sie haben ja auch nichts dafür geleistet, könnte jetzt als Einwurf kommen. Stimmt. Aber derjenige, der es ihnen vererbt, sehr wohl.

Er hat hart dafür gearbeitet, hat gespart, hat auf Urlaube und teure Restaurantbesuche verzichtet, damit er einmal seinen Kindern etwas hinterlassen kann. Er hat es also gegen alle Bemühungen des Staates geschafft, ein kleines Vermögen anzuhäufen und sich eine Wohnung zu kaufen oder ein Haus zu bauen. Und jetzt kommt der Staat und bestraft die Familie dafür mit einer Steuer? Das kommt einer Enteignung ziemlich nahe.

Sogar die SPÖ will diese Grunderwerbsteuer abschaffen, wie Parteichef Christian Kern bei der sogenannten Elefantenrunde im TV erklärt hat (von der ÖVP gibt es dieses klare Bekenntnis bisher nicht, man verspricht aber, den ersten Immobilienerwerb steuerfrei zu machen). Dafür soll es nach Plänen Kerns im Gegenzug eine Millionärssteuer geben, die „nur die Reichsten der Reichen trifft“.


Eine solche Argumentation funktioniert in Österreich ja immer, weil hierzulande stets jemand jemandem etwas neidet. Und gerade eine Million ist für die meisten Menschen in einer solch unerreichbaren Höhe, dass „die da oben“ ruhig ordentlich brandeln sollen. Dabei gilt hier das gleiche Gegenargument: Das Geld fiel nicht vom Himmel, es wurde nicht gestohlen, jemand hat dafür gearbeitet und es verdient. Und deswegen ist auch diese Millionärssteuer klar abzulehnen.

Dazu passt ein anderes Beispiel aus den USA: 2004 ließ der US-Bundesstaat Oregon darüber abstimmen, ob Einkommen ab 125.000 Dollar höher besteuert werden sollen. Betroffen hätte das etwa drei Prozent der Einwohner. Bei der Befragung jedoch votierten fast 60 Prozent gegen die Steuererhöhung. Zu erklären ist das mit dem amerikanischen Traum: Die Menschen sind davon überzeugt, irgendwann auch einmal so viel Geld zu verdienen – und deshalb wollten sie keine Steuererhöhung.

In Österreich ist man von der Politik offenbar derart ernüchtert, dass man sich nicht zutraut, es jemals zu einer Million Euro zu bringen.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2017)

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