Bei Olympia gibt es nur einen Gewinner: das IOC. Gigantismus und Wahnsinn wuchern im Franchise-Modus weiter. Und Österreich will Winterspiele 2026?
Wenn heute in Pyeongchang, Südkorea, die Winterspiele eröffnet werden, stehen für zwei Wochen Athleten, Medaillen, Sport und Show im Blickpunkt. Alternierend zwischen Sommer und Winter trifft sich die Elite aus Politik, Wirtschaft und Sport im Zweijahrestakt. In zusehends exotischer anmutenden, für Sporttourismus eher selten bis kaum erschlossenen, aber für Unsummen kurzerhand herausgeputzten Destinationen. Für diesen Zeitraum wird nach außen hin steril die heile Welt verkörpert. Natürlich bloß dem Milliardengeschäft zuliebe.
Stört in diesen 14 Tagen kein tollpatschiger Dopingfall eines österreichischen Langläufers das von Verschwendung und Wahnsinn getragene Event, gibt es für alle Beteiligten kaum Anlass, Notwendigkeit und Zukunft infrage zu stellen. Vor Ort ist das Programm dicht gedrängt, die Musik beschallt die hinter hohen Zäunen angesiedelten Sportstätten wie in Billigsupermärkten. Sportler feiern hier ihre Erfolge, werden auf dem Podest mit Fahne und Hymnen geehrt, mit Olympiamedaillen dekoriert und abends in ihren nationalen „Häusern“ gefeiert. Für sie ist es ein Erlebnis, und diese Emotionen mitzuerleben ist unvergesslich. Das mag auch der Geist der Spiele sein. Die wahren Gewinner sitzen aber ganz woanders.
Es ist wie in einem Casino: Je länger das Spiel dauert, desto öfter gewinnt garantiert die Bank. In diesem Fall ist es immer das Internationale Olympische Komitee. Ein in der Schweiz ansässiger Verein, in der Führungsriege besetzt mit teilweise zwielichtigen Schwergewichten. Allesamt gut vernetzt – mit maximalem Geschäftssinn. Das Spiel mit dem Produkt ist leicht: Es geht um Macht, Profit und Image. Olympia ist ein globales Franchise-Unternehmen mit fünf Ringen geworden.
Dafür werden – aber nur für wirklich gute Partner wie Russland – mitunter die eigenen Regeln über Bord geworfen oder bis an die Grenzen ihrer Belastungselastizität ausgereizt. Bei „simplen Verfehlungen“ etwa, die andere für ein jahrzehntelang staatlich organisiertes und lückenlos aufgezogenes Dopingsystem halten könnten. Aber im IOC sieht man das alles, Umsatz, Geldgebern und Freunden zuliebe, eben etwas diplomatischer.
Der Umgang mit diesem Dopingskandal – 2014 bemühte Russland sogar den Geheimdienst, um Proben seiner Sieger zu „säubern“ – hinterlässt eine verheerende Optik. Auch die unlängst entdeckten, leicht zu öffnenden und wiederverschließbaren Fläschchen für Dopingproben irritieren; nur für die Olympier ist diese Blamage im Antidopingkampf kein Problem. Man wälzt die Verantwortung einfach ab. Korruption, Stimmenkauf, Betrug, alles Fake News.
Die Wahrheit wird ausgeblendet. Hauptsache, alle Werbesekunden sind hochpreisig verkauft. Merchandising, Ticketing – alles, was Geld bringt, gehört dem IOC. Es pflegt seine Gesetze, erhält Steuerbefreiungen. Natürlich, es gibt eine „Spende“ über eine Milliarde Dollar für Aufbau und Ablauf. Aber es ist ein Schnäppchen im Vergleich zu den absurden Kosten, die Gastgeber zu tragen haben für Infrastruktur, Sicherheit und Stadien. Für Sportstätten, die zumeist nach der Schlussfeier von keinerlei Belang bzw. Nutzen mehr sind. Auch in Südkorea wurden Wälder gerodet, Umweltsünden begangen, elf Milliarden Dollar in das Spektakel gepumpt. Der Sinn, die Nachhaltigkeit? Ein Luxushotel, eine Skipiste und die dazugehörende Gondelbahn werden wieder abgerissen.
Um dieses Produkt soll sich Österreich also für 2026 doch bewerben? Tirol hat abgewinkt per Volksbefragung. Doch Graz und Schladming wollen es, trotz Bedenken, versuchen. Für Sportler ist Olympia unbestritten das höchste Gut. Auch moderne Sportstätten wären in Österreich zwingend nötig. Doch Olympia schreckt ab mit Gigantismus, profitgeilen Machern, weitreichenden Schäden, hohen Risken und unklaren Kosten. Ob man in der Steiermark den Masterplan gefunden hat, um diese Hürden zu meistern, ist fraglich.
Man muss wissen, mit wem man am Tisch sitzt, wenn IOC, Fußballweltverband Fifa oder eine andere Organisation dieser Größenordnung im Spiel ist. Und wer am Schluss der wahre Gewinner ist.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2018)