Tu felix Karin Kneissl nube

Unkonventioneller hätte die Hochzeitsplanung der Außenministerin kaum ausfallen können. Diese Trauung wird nicht nur dem Brautpaar und Wladimir Putin unvergesslich bleiben.

Wer Wladimir Putin zu einer Hochzeit einlädt, muss damit rechnen, dass er mit Blumenstrauß und singenden Don Kosaken wirklich kommt. Das war Karin Kneissl vermutlich nicht ganz klar, als sie dem russischen Präsidenten Anfang Juni bei dessen Wien-Besuch von ihrer Trauung erzählte und ihn im Überschwang gleich fragte, ob er nicht auch vorbeischauen wolle.

Mit einer Zusage rechnete zu dem Zeitpunkt wohl keiner im Außenamt, nicht einmal die Ministerin. Doch der Kreml-Chef fasste sich ein Herz. So wurde aus der trauten Privatfeier, die Österreichs Außenministerin und ihr Mann in den südsteirischen Weinbergen geplant hatten, ein Sommertheater ersten Ranges. Unvergesslich bleibt das Fest jedenfalls. Nicht nur für die Braut, der alles Glück gegönnt sei.

Prinzipiell kann Kneissl zu ihrer Hochzeitstafel bitten, wen sie will. Doch sie ist eben nicht nur Privatperson, sondern auch Außenministerin. Und da muss ihr bewusst sein, welche besondere Nähe sie signalisiert, wenn sie aus einer Laune heraus als einzigen ausländischen Politiker den russischen Präsidenten auf ihre Gästeliste setzt. Auf Staatskosten, denn für den Polizeischutz zahlt die Republik. Es wäre etwas anderes gewesen, wenn auch das Staatsoberhaupt der Ukraine, die deutsche Kanzlerin oder der EU-Kommissionspräsident in Sulztal aufgekreuzt wären. Putin hatte jedoch die Bühne für sich allein. Bei dieser ungeschickten Inszenierung entsteht zwangsläufig der Eindruck einer gewissen Einseitigkeit.

Mit ihrer unkonventionellen Hochzeitsdiplomatie rückt Kneissl Österreich zu Beginn der EU-Präsidentschaft symbolisch ins prorussische Eck, wo die FPÖ seit ihrem Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei ohnehin zu Hause ist. Sie hätte ein paar Sekunden länger nachdenken sollen, bevor sie Putin einlädt. Nachträglich ausladen konnte sie ihren Ehrengast natürlich nicht mehr.

Deswegen wie ein EU-Mandatar der Grünen den Rücktritt der Außenministerin zu fordern ist lachhaft. Sie hat Putin nicht angeboten, Österreich als 23. Republik der Russischen Föderation zu annektieren, sondern ihn zu einem Glas Wein und Backhendl bei ihrer Hochzeit eingeladen. Das ist schräg und beschädigt das propagierte Brückenbauerimage in der Ukraine, eröffnet aber theoretisch diplomatische Chancen.

Tiefe Wurzeln kann die Freundschaft zwischen Kneissl und Putin nicht haben. Sie kennen sich erst seit heuer. Umso erstaunlicher, dass er zur Feier kam. Ob aus Sympathie und/oder Kalkül, weiß nur er. Die Bilder von der Hochzeit der Außenministerin des EU-Vorsitzlandes werden ihm nicht schaden. Wer will da noch von Isolation reden? Noch dazu, wenn es nach dem Abstecher im Gasthaus Tscheppe nach Deutschland weiterging, ins Schloss Meseberg zu Angela Merkel. Dort stand wirklich Wichtiges auf der Agenda: der Wiederaufbau Syriens, für den Putin Europa einspannen will. Das Fest in Sulztal war da bloß die operettenhafte Ouvertüre. Die Aufregung darüber steht in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Episode. Wobei: Man darf schon gespannt sein, wen Kneissl zur nächsten Feier einlädt – Donald Trump? 



christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2018)

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