Und die Hausdurchsuchung verantwortet Kickls Pferd

Austria´s Interior Minister Kickl arrives for a cabinet meeting in Vienna
Austria´s Interior Minister Kickl arrives for a cabinet meeting in Vienna(c) REUTERS (Leonhard Foeger)
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Das Urteil des OLG ist ein Rückschlag für den Innenminister: Er kam zwar dem Begehren der Staatsanwaltschaft nach, schoss aber mit zu großen Kanonen.

Es war nicht sein bester Satz. In einem sehr routinierten, fast entspannten ORF-„Sommergespräch“ am Montagabend nannte Heinz-Christian Strache Herbert Kickl den besten Innenminister der Zweiten Republik. Am Tag darauf kam quasi die Erklärung zu diesem offenbar ironisch gemeinten Bonmot.

Das Oberlandesgericht Wien (OLG) gibt nämlich den Beschwerden der betroffenen Verfassungsschützer recht und erklärt die Hausdurchsuchungen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Ende Februar für nicht rechtmäßig, weil unverhältnismäßig. Amtshilfe um Herausgabe der Daten wäre das akkurate Mittel gewesen. In einer entwickelten Demokratie. Diese Formulierung kommt nicht vom OLG.

Das war bereits der zweite Rückschlag für Herbert Kickl (FPÖ), der die gesamte Aktion orchestrieren ließ, aber – und das ist wichtig – damit dem Begehren der Staatsanwaltschaft nachkam. Nur eben mit zu großen Kanonen. Viel zu großen Kanonen. Erster Rückschlag: Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits die von Kickl verfügten drei Suspendierungen rund um die Ermittlungen im BVT – allen voran von Leiter Peter Gridling – als unrechtmäßig erkannt und deshalb aufgehoben. Gridling ist mittlerweile damit beauftragt, das BVT zu reformieren – sehen sich die Verfassungsschützer doch immer wieder mit Berichten darüber konfrontiert, dass ausländische Geheimdienste das Vertrauen verloren hätten und nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten wollen. Was Gridling gar nicht wirklich dementiert.

Aber Fehler passieren. Leider auch in einem besonders sensiblen Bereich. Und offenbar leider auch Politikern, deren IQ und deren Kenntnis solch sensibler Bereiche derlei Fehler eigentlich ausschließen sollten. Denn solche Fehler passieren normalerweise nur Politikern, die überfordert sind oder an Verschwörungstheorien glauben. Oder beides. Wollen wir für die Republik Österreich einmal hoffen, dass Kickl weder das eine war noch das andere tut. Sondern einfach als noch junger Minister überreagiert hat und mit den – immerhin gerichtlich bewilligten – Hausdurchsuchungen einen Fehler gemacht hat.

Die Auswirkungen lassen sich nicht ungeschehen machen. Verlorenes Vertrauen wiederherzustellen gehört zu den schwierigen beruflichen wie privaten Aufgaben. Gelingen kann das nur mit der wichtigsten Übung: Man muss den Fehler eingestehen. Nur dann hat man die Chance, ihn auszumerzen und vor allem auch nicht zu wiederholen. Gibt man einen Fehler nicht zu, führen die Verrenkungsübungen, um die Wahrheit zu biegen, zu neuen Fehlern, Überreaktionen und Misstrauen. Genau genommen ist das der Fehler der Regierung, die in ihrer Strategie und Kommunikation sonst nichts dem Zufall überlässt. Fehler wie jener der BVT-Affäre oder etwa in der zum Teil leeren Ankündigungspolitik um die Reform der AUVA-Spitäler werden verleugnet. Soll heißen: Kickl könnte den Fehler einräumen und zugeben, dass der kommende U-Ausschuss eine reine Polittheatershow wird und er nun daran arbeitet, Österreich noch sicherer zu machen.

Was aber sagt Kickl, der am Dienstag zu einer Pressekonferenz über mögliche Bedrohungen, die allerdings laut ihm gar nicht drohen, geladen hat? Die Aufhebung der Hausdurchsuchungen sei, wie ebensolche anzufordern, allein Sache der Staatsanwaltschaft und nicht die seine. Aha. Die Wahl der beauftragten Polizeieinheit war also nicht seine. Die Möglichkeit der Amtshilfe war ihm auch unbekannt. Diese hätte er eigentlich der Staatsanwaltschaft vorschlagen müssen, um „seine“ Behörde, den Verfassungsschutz, zu schützen. Hätte er. Tat er nicht. Und wer schaltet die Staatsanwaltschaft gegen die eigenen Kollegen ein?

Herbert Kickl wird wohl entgegen allen Hoffnungen von vielen Journalisten und der Opposition die BVT-Affäre überstehen. Er wird während des Ausschusses und aufgrund der aktuellen Rechtssprüche angepatzt und unter Druck kommen. Mit besserer Fehlerkultur und Selbstkritik würde das leichterfallen. Und von Größe zeugen.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Printausgabe, 29.08.2018)

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