Die große Geldwaschmaschine und ihre gleichmütigen Zuseher

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Trotz verschärfter Regeln behindert Kleinstaaterei in der EU den Kampf gegen Geldwäsche. Eine Thematik, die auch Österreich betrifft.

Es ist wohl der größte Geldwäscheskandal in der Geschichte Europas. 150 Milliarden Euro sollen zwischen 2007 und 2014 über die estnische Tochter der drittgrößten Bank Dänemarks, der Danske Bank, gewaschen worden sein. Bei dem Geld handelt es sich mutmaßlich um Erträge aus kriminellen Tätigkeiten und gestohlene Steuereinnahmen aus Russland. In die dubiosen Geschäfte dürfte auch die Deutsche Bank verwickelt sein, deren US-Tochter eine sogenannte Korrespondenzbank der Danske Bank war. Die Aktien von Deutschlands größtem Geldhaus stürzten deswegen am Dienstag auf ein neues Rekordtief.

Es ist dies das jüngste Erdbeben in einem an Geldwäscheskandalen nicht armen Jahr. Schon im Februar hielt die lettische ABLV die europäische Finanzszene in Atem. Auch sie soll russisches Schwarzgeld in Milliardenhöhe weiß gewaschen haben. Damals geschah auch das bis dahin Undenkbare: Ein amtierender Gouverneur einer Notenbank der Eurozone wurde festgenommen, weil man ihn der Korruption verdächtigte. Der lettische Nationalbankchef soll Schmiergeld verlangt haben, um Geldwäscheermittlungen zurückzuhalten.

Dass die Geldwäscheproblematik nicht auf Osteuropa beschränkt ist, zeigt wiederum der Fall der maltesischen Pilatus Bank. Ihr wurde erst Anfang dieses Monats von der Europäischen Zentralbank die Lizenz entzogen, weil sie ebenfalls in Korruption und Geldwäsche verwickelt sein soll. Die Bank erlangte traurige Berühmtheit, weil sie im Mittelpunkt der Recherchen von Daphne Caruana Galizia stand. Das war jene maltesische Journalistin, die vor etwas mehr als einem Jahr mit einer Autobombe ermordet wurde. Der Auftrag dafür kam aus dem Milieu der organisierten Kriminalität.

Geldwäsche ist also trotz aller Gesetzesverschärfungen der vergangenen Jahre nach wie vor ein heißes Thema. Natürlich ist die heutige gesetzliche Lage kein Vergleich zur Situation Anfang der Nullerjahre, als es hierzulande noch problemlos möglich war, anonyme Sparbücher mit Bargeld in Höhe von mehreren Zehntausend Euro zu befüllen. Spätestens ab einem Betrag von 15.000 Euro ist es inzwischen mit der Anonymität vorbei – die Bank muss dann einen Ausweis verlangen. Treiber hinter dieser Entwicklung waren nicht zuletzt die USA, die nach dem 11. September sehr sensibel auf alle Arten potenzieller Terrorismusfinanzierung reagiert haben. Und auch die jüngsten Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung sorgen dafür, dass den Geldwäschern das Geschäft erschwert wird.

Dennoch gibt es nach wie vor einiges zu tun. Das zeigte ein Prüfbericht der für Geldwäsche zuständigen EU-Behörden, der Anfang September via „Financial Times“ seinen Weg an die Öffentlichkeit fand. Darin stellten die Ermittler fest, dass es erhebliche Mängel in der Kooperation zwischen den zentralen EU-Stellen und den nationalen Behörden gibt. Bei der Geldwäsche sind die Kompetenzen in Europa stark zersplittert. So werden auf EU-Ebene zwar Richtlinien vorgegeben, die Umsetzung erfolgt aber in den Nationalstaaten. Und dort gibt es erheblichen Spielraum. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass der Hinweis auf die Aktivitäten der lettischen ABLV nicht aus Europa, sondern aus den USA kam.

Auch Österreich ist zunehmend Ziel von Geldwäschern. So stieg laut den Daten der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt die Zahl der gemeldeten Verdachtsfälle von 2017 auf 2018 um 35 Prozent auf 3800. Zum Teil lasse sich das mit den erhöhten Sorgfaltspflichten erklären, zum Teil nehme das Phänomen aber auch allgemein zu, heißt es. Hierbei geht es nicht nur um Banken, sondern auch um Immobiliengeschäfte oder Glücksspielaktivitäten.

Die Geldwäsche erfolgt dabei immer öfter nicht mehr in schmutzigen Hinterhoflokalen, sondern im Internet und mittels verschachtelter Firmenkonstruktionen. Beides Bereiche, in denen Kleinstaaterei und nationale Behördengrenzen äußerst hinderlich sind. Auch wenn die europäische Integration derzeit in vielerlei Hinsicht stark hinterfragt wird – hier würde ein Mehr an Europa jedenfalls Sinn ergeben.

E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2018)

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