Die SPÖ und ihr reichlich skurriles Vermögensteuerdrama

NATIONALRAT: RENDI-WAGNER
NATIONALRAT: RENDI-WAGNERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Statt die eher mickrige Steuerreform der Regierung zu zerlegen, zerfleischt sich die Opposition ohne Not in einem internen Vermögensteuerstreit.

Während Türkis-Blau seine am eigenen Anspruch gemessen doch eher mickrige Steuerreform finalisiert, zieht die oppositionelle SPÖ auf der Nebenbühne ein reichlich skurriles Steuerdrama ab: Die Genossen und -innen streiten parteiintern erbittert über die Wiedereinführung von Vermögen- und Erbschaftssteuern. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hat, wie berichtet, gemeint, dass die hochkonjunkturelle Zeit der sprudelnden Steuereinnahmen vielleicht nicht der ganz richtige Zeitpunkt sei, zusätzliche Steuerquellen zu erschließen. Und sich dafür einen – wie man auf Neudeutsch so schön zu sagen pflegt – saftigen Shitstorm ihrer Landesfürsten eingehandelt.

Schließlich seien Vermögen- und Erbschaftssteuern aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit notwendig und damit sozialdemokratisches Kerngebiet. Die Vermögensteuer war zwar von einem sozialdemokratischen Finanzminister unter einem SPÖ-Bundeskanzler aus gutem Grund abgeschafft worden. Aber das war vor einem Vierteljahrhundert. Also zu einer Zeit, in der politisches Amt und Vernunft einander noch nicht so oft zwingend ausschlossen.

Wie auch immer: Der parteiinterne Vermögensteuerstreit ist amüsant anzuschauen. Schon deshalb, weil die Genossen genauso gut darüber streiten könnten, ob man in den Weihnachtsferien landesweit eine geschlossene Schneedecke vorschreiben soll: Zumindest in den nächsten Jahren wird die SPÖ schon mangels politischer Macht weder das eine noch das andere realisieren können.

Aber das Thema wird natürlich auf dem Tapet bleiben. Irgendwann wird man ja das von der Entwicklung überrollte Steuersystem wirklich strukturell reformieren müssen (was jetzt definitiv nicht geschieht). Und dann wird man nach einer Art Zero-Budgeting-Methode alle Steuerarten auf Brauchbarkeit abklopfen. Auch Vermögen- und Erbschaftssteuern.

Das hat noch nichts mit ideologischen Kategorien zu tun. Sehr weit von sozialistischen Idealen entfernte Länder wie die Schweiz, Großbritannien oder die USA haben solche Steuern. Teils in recht saftiger Höhe. Auch in Österreich hat diese Steuerkategorie in Teilbereichen überlebt: Die Grundsteuer ist eine klassische Vermögenssubstanzsteuer. Und die Grunderwerbsteuer schlägt auch beim Erben zu.

Die Sache ist nur die: Im Regelfall haben Länder mit hohen vermögensbezogenen Steuern (etwa USA, Schweiz) recht niedrige Einkommensteuern, während Länder mit hohen Einkommensteuern (etwa Österreich) im Regelfall niedrige vermögensbezogene Steuern haben. In beiden Kategorien Weltspitze anzustreben, wie das offenbar einige in der SPÖ wollen, bleibt uns hoffentlich erspart.


Man sollte sich auch noch anschauen, wieso der eher linke Sozialdemokrat Ferdinand Lacina die Vermögensteuer seinerzeit gekübelt hat: Sie hat bei sehr hohem Verwaltungsaufwand sehr mickrige Ergebnisse gebracht. Und hauptsächlich an der Substanz bodenständiger Unternehmen geknabbert.

Tatsächlich gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man versucht, nur die wirklich Vermögenden zu treffen. Dann kann man bei der linken Klientel zwar ideologisch punkten, hat aber steuertechnisch nichts davon (beziehungsweise vertreibt, wenn man Betriebsvermögen nicht ausnimmt, massenhaft Unternehmen). Oder man will echt zu substanziellen Beträgen kommen. Dann wird das Ganze zu einer „Häuselbauersteuer“ für den Mittelstand.

Diese Doppelmühle sollte sich auch die SPÖ ersparen. Das Steuersystem ist an vielen Ecken unzeitgemäß und ungerecht geworden. Da gibt es viel Reparaturbedarf. Darüber sollten sich Opposition und Regierung (die tut das derzeit ja auch nicht) Gedanken machen. Aber im Rahmen eines Gesamtbildes.

Was wir in einem Land mit einer der höchsten Gesamtsteuerbelastungen der zivilisierten Welt dagegen gar nicht brauchen, ist eine zusätzliche Steuer, die entweder nichts bringt oder den ohnehin schon ausgepressten Mittelstand zusätzlich belastet.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2019)

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