Die Eurostaaten werden ihre Sanierungsprogramme noch einmal nachjustieren müssen. Wir nicht: Wir haben noch keines.
Um den Eurokurs muss man sich derzeit keine Sorgen machen: Der ist jetzt ungefähr dort, wo er kaufkraftmäßig hingehört. Und wo er der exportorientierten Industrie nicht mehr gar so schadet wie während der Höhenflüge der vergangenen Jahre.
Beunruhigender sind schon die im Hintergrund wirkenden Kräfte, die den überbewerteten Euro so schnell „normalisiert“ haben: explodierende Staatsdefizite, weitere drohende Rating-Abstufungen europäischer Staaten, eine schwelende Bankenkrise, die jederzeit wieder ausbrechen kann. Es ist noch keineswegs ausgemacht, dass ein neuerliches Abtauchen in die Rezession (der gefürchtete Double-Dip) verhindert werden kann. Und es ist noch keineswegs ausgemacht, dass wir aus der Krise ohne größere Blessuren herauskommen werden.
Was festzustehen scheint, ist, dass die Konjunkturforscher (deren Prognosemodelle in dieser Krise freilich schon einmal, nämlich 2007/2008, versagt haben) zu optimistisch sind und dass viele europäische Regierungen ihre angekündigten drastischen Sparprogramme noch einmal werden verschärfen müssen.
Uns kann das nicht passieren, denn wir haben (außer ein paar globalen Budgetzielen ohne konkreten Inhalt) noch keines. In einer derartigen Situation wegen ein paar Landtagswahlen Reformen um Monate aufzuschieben – das ist wirklich der Gipfel der Verantwortungslosigkeit. Eine Art fahrlässige Krida, die die Regierung da aus Feigheit vor dem Wähler betreibt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2010)