Warum haben wir bisher nicht von der 50-Stunden-Woche gesprochen?

Stempeluhr
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Die Regierung hat bei ihrem Vorhaben zur Arbeitszeitflexibilisierung kein Marketinggeschick bewiesen. Ganz anders als Arbeiterkammer und Gewerkschaft.

Heute wird im Parlament das Bundesgesetz beschlossen, „mit dem das Arbeitszeit-, das Arbeitsruhe- und das Sozialversicherungsgesetz“ geändert werden. Die Regierung nennt es kurz: „Gesetz zur Arbeitszeitflexibilisierung“.

Es ist Zeit, dass die Novelle das Parlament passiert: An keinem anderen Thema haben sich die Österreicher in den vergangenen Wochen derart kontroversiell abgearbeitet wie an diesem. Dabei nahmen es viele Diskussionsteilnehmer mit Sachlichkeit nicht so genau. Sie investierten ihre Energie vielmehr dafür, Emotionen hervorzurufen.

Das Tamtam ist auch der Regierung zu verdanken, die bei ihrem Vorhaben nicht gerade Marketinggeschick bewiesen hat. Ganz anders als Gewerkschaft und Arbeiterkammer: Erstere redet konsequent nur mehr von der „60-Stunden-Woche“ und dem „12-Stunden-Tag“. So als sollte dieses Arbeitspensum hier nun Normalität werden und der 8-Stunden-Tag fix der Vergangenheit angehören. Und die Arbeiterkammer spricht in ihrem „Faktencheck“ auf der Homepage gar gleich vom „12-Stunden-Tag-Gesetz“, das es „schwierig machen wird, da noch Familienleben und Freizeit zu planen.“ Die im Gesetz vorgesehene „Freiwilligkeit“ ist ihrer Ansicht nach für die Fisch´. Mitarbeiter, die darauf pochen würden, gerieten nicht nur schnell unter Druck, sondern „riskieren ihre Beliebtheit, die nächste Beförderung oder gar den Job.“

Im Einzelfall wird das auch so sein, und jene Unternehmer, die sich verhalten wie prophezeit, müssen sich hoffentlich bald vor dem Arbeitsgericht verantworten. Österreichs Arbeitsgerichte sind nicht gerade für ihre arbeitnehmerfeindliche Rechtsprechung bekannt.

Nicht jedem Chef ist das Betriebsklima wurscht

Doch allen Unkenrufen zum Trotz: Es soll vorkommen, dass Arbeitgebern die Stimmung im Betrieb und die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter nicht ganz egal sind. Denkbar ist auch, dass manchen Chefs gar nicht danach ist, ihre Leute zu einem 12-Stunden-Tag zu zwingen. Freilich nicht unbedingt aus Nächstenliebe und Menschenfreundlichkeit, sondern weil hohe Fluktuation, gefrustete Mitarbeiter und ein schlechtes Image für Unternehmen schlussendlich die teuerste Lösung ist.

Emotionen einmal beiseite: Ob der angekündigte „Lohnraub“ und der „unglaubliche Eingriff in die Freizeit“ Realität werden, wird bald klar sein. Von Schweden, Dänemark und Irland, wo sogar ein 13-Stunden-Tag rechtlich erlaubt ist, hat man von einem drastischen Absinken der Lebensqualität bis dato noch nichts gehört. Lassen wir uns überraschen – und den Berufsalltag die Fakten checken.

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